TRAINING DAY

Copland

Denzel Washington als böser Bulle

Außerhalb des Komödiengenres gehört Denzel Washington zu den wenigen afroamerikanischen Schauspielern, die es im gegenwärtigen Hollywoodbetrieb zu etwas gebracht haben. Die US-Filmindustrie ist nicht sehr experimentierfreudig. Pro Generation leistet man sich immer nur einen positiven schwarzen Helden. Früher war das einmal Sidney Poitier.
Antoine Fuquas Cop-Thriller Training Day gibt Denzel Washington nun die Möglichkeit, aus der Imagefalle auszubrechen. Sein Alonzo Harris arbeitet als Undercover-Agent für die Drogenfahndung des L.A.P.D.. Schwarzer halblanger Ledermantel, Rolex-Imitation, Goldringe und zwei dicke Kruzifix-Halsketten - Alonzo kleidet sich wie ein Ghettokönig und hält nichts von unauffälligem Auftreten. Zu dem abgebrühten Ermittler stößt Jake Hoyts (Ethan Hawke), der von einer Beförderung und einer größeren Wohnung für Frau und Kind träumt. Genau einen Tag bekommt das Greenhorn, um sich auf der Straße zu bewähren.
South Central, Rampart, Echo Park - die Namen der Viertel kennt man aus den Nachrichten, als nach dem Rodney-King-Prozess die Armenquartiere von Los Angeles überkochten. Training Day wurde an Originalschauplätzen gedreht. Die Bilder und Gesichter, die Fuqua in seinen ausgedehnten Kamerafahrten durch die Ghettolandschaften einfängt, unterscheiden sich deutlich vom handelsüblichen Designer-Elend. Aber Training Day ist kein Hollydogma-Film, sondern schnurgerades Genrekino. Natürlich geht es auch in diesem Polizeithriller um Korruption und Gewalt. Supermacho Alonzo bedient sich windiger Ermittlungsmethoden. Harmlose Jugendliche werden beim Marihuana-Kauf mit vorgehaltener Dienstwaffe verschreckt und kleinere Dealer gleich vor Ort verprügelt. Als Hausdurchsuchungsbefehl wird die Menuekarte eines China-Restaurants vorgehalten und das erbeutete Drogengeld verschwindet im eigenen Kofferraum. Hoyts erhebt vorsichtige Einsprüche, aber nachdem sein Vorgesetzter ihn zwingt, ein Pfeifchen durchzuziehen, erlahmen die Protestreflexe. Immer tiefer zieht Alonzo den jungen Kollegen in seine machiavellistische Polizistenmoral hinein. Man muss ein Wolf sein, um die Wölfe zu fangen, sagt er und fängt sogar noch an zu jaulen. Die meiste Zeit verbringen die beiden im Auto und ihre Machtspiele auf engem Raum sind aufregender als die hektisch hineingewuchteten Action-Sequenzen. Denzel Washington genießt die Rolle des verführerischen Mephisto sichtlich und hält als Guter-Bulle-Schlechter-Bulle die Spannung fast bis zum Schluss aufrecht. Dann jedoch stürzt sich der Film in ein blutiges Abrechnungsspektakel und treibt seine Hauptdarsteller in zügelloses Overacting. Ein interessantes Schauspielerduell verebbt in einem Endlos-Showdown, in dem im traditionellen Faustkampfverfahren der moralischen Sieger ermittelt wird.

Martin Schwickert

USA 2001 R: Antoine Fuqua B: David Ayer K: Mauro Fiore D: Denzel Washington, Ethan Hawke, Eve Mendes