TRANSAMERICA

Rührend traditionell
Vater und Mutter in einer Person: eine Reise durch Werte und Vorstellungen in den USA

Bree Osbourne (Felicity Huffman) hieß einmal Stanley und ist genauso genommen immer noch ein Mann. Nach langem Sparen, Unmengen von Hormonpillen und unzähligen psychiatrischen Untersuchungen steht sie kurz vor der Operation, die aus ihr eine vollwertige Frau machen wird. Ausgerechnet an diesem Wendepunkt ihres Lebens erfährt Bree, dass sie einen Sohn namens Toby hat, der in New York im Gefängnis sitzt. Auf Drängen ihrer Psychiaterin fliegt sie an die Ostküste und stellt anonym die Kaution.
Toby ist ein drogensüchtiger Stricher und träumt davon, in Los Angeles Pornostar zu werden. Also tut Bree, was jede gute Mutter oder jeder gute Vater tun würde: zusammen mit Toby macht sie sich auf den Weg nach Los Angeles - allerdings ohne ihm zu sagen, dass sie ein Mann und außerdem sein Vater ist.
Transamerica bezieht einen Großteil seiner Spannung aus diesen verschwiegenen Wahrheiten, die im Laufe der Autofahrt quer durch Amerika natürlich herauskommen müssen. Felicity Huffman spielt diese Bree Osbourne mit solcher Hingabe und Verletzlichkeit, dass wir uns wünschen, die Wahrheit möge nie ans Licht kommen; es wäre zu traurig, wenn die langsam sich formende zarte Beziehung zwischen Vater/Mutter und Sohn deswegen zerbrechen würde.
Duncan Tucker hat mit Transamerica ein behutsames Road Movie über ungewöhnliche familiäre Bande inszeniert, das prompt ins Kreuzfeuer der religiösen US-Rechten geriet. Wie seine Protagonistin, die trotz ihres Dilemmas nicht von den konservativen Werten ihres Aufwachsens loskommen kann und will, ist auch der Film eher ein Plädoyer für traditionelle Werte als für einen alternativen Lebensstil, und seine rührende Message eher jene, das beides miteinander vereinbar ist.

Karsten Kastelan
USA 2005 R: Duncan Tucker. B: Duncan Tucker. K: Stephen Kazmierski. D: Felicity Huffman, Kevin Zegers, Elizabeth Peña, Fionnula Flanagan, Burt Young, Carrie Preston, Graham Greene