TRANSSIBIRIAN

Aus der Kälte

Ein solider Thriller mit großer Besetzung

Roy (Woody Harrelson) und Jessy (Emily Mortimer) haben die amerikanische Heimat verlassen um Gutes zu tun. Im Auftrag ihrer Kirche waren sie in China an einem Hilfsprojekt beteiligt. Jetzt steht den beiden der Sinn nach einem kleinen touristischen Abenteuer. Mit der legendären transsibirischen Eisenbahn soll es von Peking nach Moskau gehen. Mit im Abteil sitzen zwei weitere amerikanische Staatsbürger. Der charmante Carlos (Eduardo Noriega) und die eher muffelige Abby (Kate Mara) fühlen sich, wie sich bald herausstellen soll, dem Gutmenschentum weit weniger verpflichtet.

Typen wie Carlos kennt Jessie von früher, als sie selbst noch auf der schiefen Bahn lebte, bevor Roy sie unter seine gläubigen Fittiche nahm.

Nach einer wendungsreichen Verkettung unglücklicher Umstände liegt Carlos, von einem Holzscheit erschlagen, im sibirischen Birkenwald, während Jessie und Ray eine mit Heroin gefüllte Matroschka-Puppe im Rucksack und einen Herrn von der russischen Drogenfahndung im Abteil haben.

Ben Kingsley spielt diesen undurchsichtigen Polizisten, der mit seinen Röntgenaugen direkt ins Hirn seiner Mitreisenden blickt und sie mit der Raffinesse eines mit allen Wassern gewaschenen KGB-Offiziers in die Enge treibt. Nicht ohne Ironie zeichnet Anderson das Bild des russischen Bösewichtes, in dessen melancholischer Seele Abgründe lauern, die die amerikanischen Global-Village-Touristen nicht einmal erahnen können.

Nach seinem düsteren Schuldgemälde The Machinist lässt es Brad Anderson hier etwas weniger kunstfertiger angehen. Zwar atmet in Transsibirian die Filmgeschichte a la Mord im Orient-Express kräftig ein und aus, aber in erster Linie konzentriert sich der gefeierte Independent-Regisseur auf die Funktionalität seines Suspense-Thrillers, bei dem die Charaktere ihre Wandlungsfähigkeit zwischen den Genreregeln bis zum Schluss bewahren.

Martin Schwickert

GB/D/SP/LIT R: Brad Anderson B: Anderson, Will Conroy K: Xavier Giménez D: Woody Harrelson, Emily Mortimer, Ben Kingsley