TRAUMPAARE

Sing doch!

Short Cuts in der Karaoke-Subkultur

Karaoke kommt bekanntlich aus Japan, aber irgendwie hätten es die Amerikaner nicht besser erfinden können. Hier haben Normalsterbliche die Möglichkeit, sich für wenige Minuten wie ein Star zu fühlen. Karaoke lebt von der leisen Hoffnung, entdeckt zu werden oder wenigstens durch Imitation am Ruhm teilzuhaben.
Bruce Paltrows Traumpaare benutzt die Karaoke-Subkultur in der US-Provinz als Bindemittel für einen süßlichen Episodenfilm, der über die verschütteten amerikanischen Träume der kleinen Leute sinniert. Drei gemischte Paare werden zu Selbsterfahrungszwecken auf die Reise geschickt. Der ausrangierte Rocksänger Ricky Dean (Huey Lewis) verdient seinen Lebensunterhalt, indem er bei Wettbewerben die Amateure mit professioneller Stimmkraft unter den Tisch singt. Beim Begräbnis seiner Ex-Geliebten trifft er zum ersten Mal auf seine erwachsene Tochter Liv (Gwyneth Paltrow), die dem mürrischen Vater auf der Tournee durch die Karaoke-Bars des Landes folgt und beharrlich um dessen Anerkennung kämpft. Taxifahrer Billy (Scott Speedman) wollte eigentlich Priester werden. Er glaubt an das Gute im Menschen, bis er die eigene Ehefrau mit seinem besten Freund inflagranti erwischt. Am Tresen gerät er an die resolute Suzi (Maria Bello), die sich durch Karaoke-Bars ihren Weg nach Hollywood bahnt und Hotelrechnungen auch schon einmal mit einem Blowjob begleicht. Todd Woods (Paul Giamatti) ist Vielflieger. Der Geschäftsmann jettet kreuz und quer durch den Kontinent und schwatzt unwissenden Provinzgemeinden gigantische Themenparks auf. Wenn er in sein blankpoliertes Eigenheim zurückkehrt, nehmen ihn Kinder und Gattin kaum noch zur Kenntnis. Todd reißt aus seinem vorformatierten Leben aus und entdeckt in einer Karaoke-Bar seine musikalische Berufung. Unterwegs freundet er sich mit dem schwarzen Ex-Sträfling Kane (Andre Braugher) an, der den marodierenden Midlife-Crisler vor groben Dummheiten zu bewahren versucht. Rabenvater und Zuckertochter, verklemmter Softie und beherztes Weibsstück, weißer Mittelständler und schwarzer Knackie - frisch vom Reißbrett setzt Bruce Paltrow seine konträren Paarkonstellationen in die Spur.
Anfangs hofft man noch auf eine erfrischende Sozialsatire, die den american way of life klassenübergreifend ins Visier nimmt. Paul Giamatti hat als kriselnder Handelsreisender einige vielversprechende Auftritte, und mit seiner Figur könnte man eine interessante Variante von American Beauty zum Leben erwecken. Aber Bruce Paltrow - Vater von Gwyneth Paltrow und bisher zurecht vornehmlich als TV-Regisseur unter Vertrag - verliert sich im uninspirierten Gehopse zwischen den Episoden, die notdürftig mit ein paar Gesangseinlagen verbunden werden. Rock-Sänger Huey Lewis überrascht als Schauspieler und Schauspielerin Gwyneth Paltrow auch ein wenig als Sängerin in einem ansonsten äußerst überraschungsarmen Film. Im finalen Karaoke-Wettstreit werden alle Konfliktparteien hübsch der Reihe nach miteinander versöhnt und die Kritik an den Verhältnissen mit buchhalterischer Genauigkeit zurückgenommen. Lebensweisheiten werden verteilt wie Kamellen beim Karneval und das flippige Karaoke-Musical verendet schließlich jämmerlich als spießige Seifenoper.

Martin Schwickert

Duets USA 2000 R: Bruce Paltrow B: John Byrum K: Paul Sarossy D: Gwyneth Paltrow, Maria Bello, Huey Lewis, Paul Giamatti