Die Tribute von Panem

Spiel ohne Grenzen

Unterhaltung bis zum Tod

Ein Casting gibt es für diese Show nicht. Hier entscheidet allein das Losverfahren. Jeweils ein Junge und ein Mädchen aus jedem Distrikt werden in die Hauptstadt entsandt, um an den sogenannten "Hungerspielen" teilzunehmen. Überall im Land wird der Wettkampf auf Großbildschirmen übertragen und in Talkshows zum wichtigsten Medienereignis hochgehypt. Auf den Straßen der Hauptstadt herrscht ausgelassener Trubel. Bei den Kandidaten indes will keine richtige Partystimmung aufkommen. Denn sie wissen, dies ist ein Wettkampf auf Leben und Tod, bei dem nur einer der 24 Spielteilnehmer gewinnen wird.

Ein düsteres Zukunftsszenario hat die amerikanische Autorin Suzanne Collins in ihrer Jugendbuchreihe Die Tribute von Panem entworfen. In einem postapokalyptischen Nordamerika hat sich der diktatorische Staat Panem herausgebildet, in dem das "Kapitol" die Herrschaft übernommen hat. Die jährlichen "Hungerspiele" sind ein Demutsritual gegenüber den Machthabern.

Collins Romanreihe, die nun unter der Regie von Gary Ross (Pleasantville) als selbsternanntes Nachfolge-Franchise von Harry Potter und Twilight in die Kinos kommt, stellt die junge Katniss Everdeen als kraftvolle Identifikationsfigur ins Zentrum. Die 16jährige aus dem Bergbaudistrikt hat sich als Freiwillige gemeldet, nachdem ihre kleine Schwester für den zynischen Wettkampf ausgelost wurde. Zusammen mit dem Mitkandidaten Peeta fährt sie aus ihrem ärmlichen Bezirk im schicken Hochgeschwindigkeitszug in die Hauptstadt, die als hyperluxuriöse Metropolis angelegt ist.

Wie jeder guter Science-Fiction-Stoff nimmt auch Die Tribute von Panem die Fäden in der Gegenwart auf, um seine Sicht auf die aktuellen gesellschaftlichen Tendenzen zu einer überspitzten Zukunftsvision zu verdichten. Als eine zynische Mischung aus Gladiatorenkampf und Reality-Shows sind die Hungerspiele angelegt. Das begeisterte Publikum blickt auf die Kandidaten wie auf Videospielfiguren, während es für die Spielteilnehmer vor der Kamera ums blanke Überleben geht.

Die fabelhafte Jennifer Lawrence, die schon als große Schwester in Winter's Bone ihre Durchsetzungsfähigkeiten in einer feindlich gesinnten Welt demonstrierte, ist das Kraftzentrum des Filmes. Ihre Katniss ist eine kraftvolle, sensible, integre und pragmatische Heldin und im Jugendfilmuniversum der notwendige Gegenpol zur schicksalsergebenen Vampirgeliebten Bella in Twilight. Aber auch in den Nebenrollen glänzen Schauspieler in Bestform wie Stanley Tucci als öliger Talkshowmaster und Woody Harrelson, der der Figur des Wettkampfberaters seinen ganz persönlichen subversiven Touch verleiht.

Überzeugend ist auch die visuelle Gestaltung des Filmes, in der beeindruckende Landschafts- und Naturkulissen organisch mit pointiert eingesetzten Digitaleffekten und HighTech-Welten verschmelzen, so wie die Dramaturgie, die ihre Spannung mehr aus den inneren Konflikten als aus dem Wettkampfszenario bezieht.

Martin Schwickert

The Hunger Games USA 2012 R: Gary Ross B: Gary Ross, Suzanne Collins, Billy Ray, nach dem Roman von Suzanne Collins K: Tom Stern D: Jennifer Lawrence, Josh Hutcherson, Woody Harrelson