»DAS TRIO«

Diebe unter sich

Götz George geht Männern an die Wäsche

Spätestens seit Wortmanns Der bewegte Mann gehört die Tunte zur Grundausstattung eines deutschen Komödienplots - schrilles Beiwerk für die Geschichten der Neuen Deutschen Biederkeit. In Hermine Huntgeburths Kinofilm Trio spielt nun ausgerechnet Götz George einen Schwulen. Schimanski als Tunte? Das klingt ganz schön schräg, völlig daneben, oder aber ziemlich genial.
Zobel (Götz George) und Karl (Christan Redl) sind ein Paar, und Lizzi (Jeanette Hain) ist Zobels Tochter. Als unorthodoxe Kleinfamilie ziehen sie mit einem heruntergekommenen Wohnmobil durch die heruntergekommenen Ecken der Republik und halten sich mit Taschendiebstählen über Wasser. Zobel mimt den rempelden Blinden, Lizzi hat den schnellen Griff und Karl bringt die Beute in Sicherheit... wenn er nicht gerade seinen Einsatz verpennt. Denn Karl wird alt und auch ein bißchen lebensmüde. Das Toupeé verrutscht zu oft und wenn er abends, auf Zobels Drängen hin, den blauen Pailletten-Fummel nocheinmal anzieht, kommen an den Hüften die Speckröllchen und in den Augen statt Verführung geballtes Unglück zu Vorschein. Wie in jeder guten Ehe sind auch hier seit langem die Rollen klar verteilt. Zobel meckert über das Essen, macht Karl zur Schnecke und haßt seinen Geliebten, weil dieser ihm vorführt, daß auch er trotz nachgefärbter Augenbrauen nicht jünger wird. Irgendwann in der Mitte des Films wird der verzweifelte Karl von einem Auto angefahren und ist ein paar Wochen später einfach tot. An seine Stelle im Trio tritt der junge Gelegenheitsdieb Rudolph (Felix Eitner). Lizzi verliebt sich in ihn, und auch Zobel ist von der Jugendlichkeit des neuen Compagnions angetan. Als der Vater nicht die Finger von dem Geliebten seiner Tochter lassen kann, steuert die Geschichte unweigerlich auf einen Eklat zu.
Trio hat nichts mit dem Flanell-Anzug-Gehampel der deutschen Lustspielzunft zu tun. Dagegen sprechen allein schon die Schauplätze. Hermine Huntgeburth und ihr Kameramann Martin Kukula zeigen dieses Land nicht im eitlen Münchner Sonnenschein. Die beklemmende Ödnis einer deutschen Fußgängerzone, die Tristesse von Bahnhofsvorhallen und Autobahnraststätten, das schlammige Winterambiente auf Rummel- und Campingplätzen am Rande der Stadt - das sind Bilder, um die man in anderen deutschen Filmen taktvoll betrogen wird. Sie machen aus Das Trio eine Art melancholischen Komödie, die nicht mit ihrem lauten Lachen die weniger lustigen Seiten des Lebens unter sich zu begraben versucht. Wenn man Jeanette Hain mit aufgestelltem Kragen und hochgezogenen Schultern so wunderbar verloren durch den November stapfen sieht, wird klar, was man beim derzeitigen deutschen Komödienwunder vermißt hat. Götz George und Christian Redl schiffen als betagtes schwules Ehepaar erfolgreich um die zahllosen Klischee-Klippen herum. Götz George versieht seinen egozentrischen, alternden Vollbartschwulen mit gewohnten proletarischen Charme, und gerade der Schimanski-Touch bewahrt die Figur vor dem Abkippen in zu oft Gesehenes. Das Trio ist ein Film, der seinen Schauspielern genug Raum gibt, ihre Figuren zu entfalten, statt sie auf Gedeih und Verderb durch die Story hindurchzupeitschen. Daß man dabei die ein oder andere dramaturgische Hängepartie bestehen muß, verzeiht man einem Film wie diesem gerne.

Martin Schwickert