»STARSHIP TROOPERS«

Coole Nazis

Der widerlichste Film des Jahres steht jetzt schon fest

Mit Starship Trooper s zündet Regisseur Paul Verhoeven ( Total Recall , Basic Instinkt ) ein 100-Millionen-Dollar-Feuerwerk von futuristischen Spezialeffekten. Es glitzert und funkelt, brennt und kracht auf der Leinwand wie noch nie. Elitesoldaten kämpfen in fernen Galaxien gegen ein Übermacht von brutalen Killerinsekten. Blut spritzt in alle Richtungen, Rümpfe, Köpfe und Gliedmaßen wirbeln ohne Ende computeranimiert durch die Luft. Jedoch nicht die Splatter-Orgien machen Starship Troopers zu einem beklemmenden Kinoerlebnis, sondern der Kontext, in dem die Brutalität der Bilder angeordnet wird.
Die Geschichte: Auf der Erde haben die Demokratien abgedankt, ein Kriegsvetranen-Regime hat geordnete Verhältnisse geschaffen. Die Trennung nach Rasse, Klasse und Geschlecht ist passé, die Welt unterscheidet zwischen feigen Zivilisten und wahren Bürgern, die ihr Wahlrecht durch ihren Militärdienst erwerben. Im Fernsehen wirbt die "Federal Army" mit demagogischen Spots, und der Film zeigt eine Gruppe von High-School-Absolventen, die dem Ruf der Armee folgen. Der militärische Drill, besonders in der Infantrie, ist hart, aber gerecht und macht aus dem blond-blau-äugigen, gut-gebauten Weichei Johnny Rico (Casper van Dien) einen gestählten Soldaten. Schon bald zieht die Truppe begeistert in den Krieg, Johnny reift in blutigen Schlachten zum Held im Kampf gegen die Killerinsekten.
Paul Verhoeven inszeniert den Roman von Robert A. Heinlein aus dem Jahre 1959 in hemmungsloser Nähe zu nationalsozialistischen Symbolsprache. Das Emblem der Sternenkrieger gleicht dem des Dritten Reichs, die Uniformen der Geheimdienstler erinnern an die von SA und SS, die Spots der "Federal Army" klingen wie NS-Wochenschauberichte. Die Helden stellen ihre bodygestylten Körper zur Schau, blau funkeln ihre Augen dem Kampf entgegen. Den Feind gilt es nicht zu besiegen, sondern zu vernichten.
Nicht ganz zu unrecht beschrieb ein amerikanischer Kritiker den Film als "ein feuchter Traum für jeden Neonazi". Natürlich ist diese ganze Inszenierung nicht ohne Ironie zu lesen, nur leider gehen die ironischen Brechungen im Feuerwerk inflationären Gewalteinsatzes verloren. Irgendwann hebt jede Überzeichnung sich auf. Leni-Riefenstahl-Ästhetik und Tarantino-Fun-Kultur gehen in Starship Troopers eine unangenehme Allianz ein. Arische Körperkult-Bilder in dreister Kombination mit verspielter Menschenschlachterei ergeben hier eine unerträgliche Mixtur. Regisseur Verhoeven ist kein rechter Propagandist, aber er inszeniert seine Filme mit dem wehenden Banner des Tabubruchs gerne am Rande des Skandals. Mit Zynismus spekuliert Starship Troopers auf die voyoristisch-sadistischen Bedürfnisse der Fernsehsessel-Furzer-Generation der 90er Jahre und stilisiert Faschismus zu einer "echt coolen" Angelegenheit.

Martin Schwickert
Zusatz der Video-Redaktion Juli 98: Sicher - sehr hart, sehr böse, sehr lustig. Und Lichtjahre intelligenter als seine Kritiker. Nämlich etwa das, was Mars Attacks sein wollte: eine Satire auf die 50er-SF, die man als postmodernde Propaganda für sie mißverstehen könnte. Sonst wirkte sie ja auch nicht. Roman-Vorlagen-Autor Heinlein wäre begeistert, allerdings auch aus den falschen Gründen (nein, Heinlein war rechts, aber schlau: er hätte auf Ehrverletzung geklagt). So wie andersherum unser Rezensent wohl dem Ironie-Killer-Reflex erlag. Dem insubordinären Element wurde zum Video-Start der Kopf gewaschen. Unter Heinlein wäre es Auspeitschen geworden. (Buena Vista)