TWELVE

Dröge Drogen

Joel Schumacher verfilmt einen zugeknallten Jugendroman

Das Experiment ist interessant: Ein 70jähriger Regisseur, der mit St. Elmo's Fire in den 80ern der Jugend eine Bresche in den Mainstream brach, verfilmt den Kultroman eines 17Jährigen, der zur Jahrtausendwende das schreckliche Schicksal gelangweilter High SocietyKids beschrieb. Das Ergebnis ist seltsam zeitlos, ziemlich unspannend und geradezu erschreckend familienfreundlich. Es geht um White Mike, einen orientierungslosen High School-Abbrecher mit Familienproblemen. Sein Vater ist Kellner und taucht nur am Telefon auf, seine Mutter ist tot und kommt nur in Rückblenden vor, er selbst verkauft Gras an die reichen Kids, lebt völlig clean und verzehrt sich nach einer Jugendfreundin, die nichts von seinem Job wissen darf.

Eine allwissende Erzählerstimme (im Original: Kiefer Sutherland) stellt nach White Mike auch noch ein verwirrendes Ensemble von orientierungslosen Jugendlichen vor, die von Party zu Party dümpeln, von Droge zu Droge, und scheinbar am meisten darunter leiden, dass ihre Eltern ständig auf Geschäftsreise sind.

Dann taucht eine neue Wunderdroge in der Szene auf. "Twelve" soll wirken wie Ecstasy und Koks auf einmal, aber was wir sehen, ist ein Mädchen in Unterwäsche, das mit seinen Teddybären redet. Himmel, wir haben mit Eierlikör schon Schlimmeres erlebt.

Trotzdem treibt Twelve das Drama voran. Ein junger Cousin von Mike wird erschossen, weil er den Kick etwas zu ungestüm sucht, ein Freund von Mike wird von der Polizei verdächtigt, während Mike unwissentlich den wahren Täter, den Cameo-Bad Guy 50 Cent, an seine Kundschaft weiterleitet, weil er selbst nur sanfte Drogen vertickt. Und irgendwie kommt sogar Mikes saubere Jugendfreundin in Kontakt mit der wertelosen Szene, von der Mike lebt.

Alles gipfelt in einer finalen Party, die ihrerseits in einem Blutbad gipfelt, das eine Nebenfigur anrichtet, die gar nichts mit der Drogengeschichte zu tun hat.

Joel Schumacher gibt sich alle Mühe, zum Beispiel durch Weglassen des Gemetzels, das Generationen-Porträt von der simplen Story zur richtigen Parabel zu erhöhen. Leider fällt die gerade wegen der vielen unzusammenhängenden Stilmittel (Off-Kommentar, Text-Inserts, Rückblenden) völlig auseinander. Immerhin kriegt Mike am Ende nicht die Freundin, an die er sich nicht traut, sondern eine neue Mutter.

So wird aus einem Ex-Kult-Stoff ein formal interessantes aber emotional unbefriedigendes Moral-Stück. Sauf nicht. Lass deine Kinder nicht allein. Red nicht mit Dealern.

Wing

USA 2010. R: Joel Schumacher B: Jordan Melamed nach dem Roman von Nick McDonell K: Steven Fierberg D: Chace Crawford, Rory Culkin, Philip Ettinger, 50 Cent, Ellen Barkin