U-571

Das Bötchen

Feucht fürs Vaterland: U-Boot-Fahrer entscheiden den Krieg

1942. Die Besatzung des U-Bootes 571 im Kampf mit dem Feind: bärtige, kriegserprobte Männer, die schon einiges erlebt haben, denn der Krieg ist ein dreckiges Geschäft. Sie tauchen ab, versuchen, dem amerikanischen Zerstörer zu entkommen, zunächst erfolgreich. Doch dann detoniert eine Wasserbombe in unmittelbarer Nähe des Schiffes. U-571 verliert die Maschinen; zwar ist die Mannschaft von Kaleu Thomas Kretschmann dem Zerstörer noch einmal entwischt, aber nun stecken sie fest, mitten im Nordatlantik.

Zur selben Zeit in einem Offiziersclub in den USA: Eine glattrasierte All-Star-Crew amüsiert sich zu flottem Jazz. Doch ihre Feier wird jäh von der MP unterbrochen. Uncle Sam hat einen Auftrag. Die Mannschaft des jungen, unerfahrenen, später aber zum wahren Helden und Leitbild wachsenden Lt. Matthew McConaughey soll U-571 kapern und die dort vorhandene, streng geheime Codemaschine Enigma rauben.

Mit dabei: Jon Bon Jovi als amerikanische Grönemeier-Parodie; Harvey Keitel, der sogar ein kleines Bärtchen tragen darf, das seine Erfahrenheit und Abgeklärtheit als Veteran des Ersten Weltkriegs ausdrückt; der Schwarze T.C. Carson, der den Zuschauer daran erinnert, daß es in der US-Navy der 40er Jahre natürlich keinerlei Rassismus oder so was gab - und zuletzt Bill Paxton und ein paar andere Nebendarsteller, die im Verlaufe des Films einzig bedauern werden, dass sie nur ein Leben für ihr Vaterland geben können.

Der Bruch zwischen den ersten zehn Minuten des Films, die den Krieg aus deutscher Sicht zeigen, und dem Rest des Films ist markant: Von einer Sekunde auf die andere verwandelt sich ein realistischer Kriegsfilm in ein unterhaltsames Action-Abenteuer. Sicherlich haben die Amerikaner eine andere Art, Krieg aufzuarbeiten als wir Europäer. Aber nach so beeindruckenden Produktionen wie Saving Private Ryan oder Three Kings hat mich dieser Rückfall in die Naivität der 60er Jahre schon überrascht. Folglich verwundert es nicht, daß dieser Film sogar das britische Parlament beschäftigt hat: Schließlich waren es doch tatsächlich die Briten (und nicht die Amerikaner), die den Deutschen eine Enigma geklaut haben. Gedenken wir also mit Tony Blair noch einmal der beiden heldenhaften Patrioten, die auf der Jagd nach der Kodiermaschine ihr Leben gelassen haben. Solche Verbissenheit scheint selbst für einen Krieg, solange er sich auf die Leinwand beschränkt, wirklich nicht angebracht. U-571 macht ja auch Spaß, selbst wenn er die Genregrenzen nie überschreitet. U-571 bietet gepflegte Abendunterhaltung für Leute, denen historische Authentizität schnurz ist. Und alle anderen seien aufs nächste Jahr vertröstet. Dann kommt nämlich der englische "Enigma"-Film vom 007-Regisseur Michael Apted in die Kinos, garantiert total realistisch.

Carsten Tritt

USA/F 2000. R: Jonathan Mostow. B: Jonathan Mostow, Sam Montgomery, David Ayer. K: Oliver Wood. D: Matthew McConaughey, Harvey Keitel, Bill Paxton, Jon Bon Jovi, David Keith