UNSERE ERDE

Es wird eng

Schöne Bilder vom kommendem Untergang

Der Eisbär hat keinen Halt mehr, weil unter ihm das schmelzende Eis wegbricht. Wochenlang schwimmt er durch das arktische Meer auf der Suche nach Nahrung und festen Boden unter den Füßen, ohne den eine Jagd unmöglich ist. Schließlich findet das Raubtier eine Herde von Seelöwen, ist aber inzwischen zu schwach, um die Beute überwältigen zu können, und muss neben der Herde langsam verhungern.

Das Schicksal des Eisbären, der zu den ersten Opfern des Klimawandels gehört und wahrscheinlich in weniger als 20 Jahren ausgestorben sein wird, bildet die dramatische Klammer in Alastair Fothergill spektakulärer Naturdokumentation Unsere Erde . Dazwischen reist der Film kreuz und quer über den Planeten und versucht ein weltumspannendes Bild von der Artenvielfalt in Fauna und Flora zu zeichnen. Fünf Jahre hat die Produktion in Anspruch genommen. 500 Drehtage an 200 Orten mit neuester Kameratechnik und aufwendigen Luftaufnahmen.

Die Bilder auf der Leinwand rechtfertigen die Anstrengungen. Dabei orientiert sich der Film vor allem an den gigantischen Migrationsbewegungen im Tierreich. Die Luftaufnahmen von einer drei Millionen starken Herde von Karibus, die in Kanada den Jahreszeiten folgend 3000 Kilometer zurücklegen, sind atemberaubend. Genauso wie die Unterwasserbilder der Buckelwale, die 6000 Kilometer von den Tropen bis in die Antarktis schwimmen. Die Elefantenherde, die auf der Suche nach immer knapper werdenden Wasservorkommen wochenlang durch die Kalahari-Wüste zieht, markiert die fatalen Folgen des Klimawandels in den Äquatorialregionen. Fothergill springt zwischen den einzelnen Orten hin und her, wechselt von der Arktis in den tropischen Regenwald, von der glühenden Wüste in die verschneiten Nadelwälder der Taiga hin zum Sonnenaufgang über dem Himalaja.

Selbstverständlich hält sich Unsere Erde vorwiegend an die spektakulären Naturschauspiele, zeigt aber zwischen den dokumentarischen Show-Effekten auch die globalen Zusammenhänge und Wechselbeziehungen auf und vermittelt ein klares Bild von der Fragilität des natürlichen und klimatischen Gleichgewichtes. Oftmals greift Fothergill etwas zu tief in den Orchestergraben, obwohl seine Bilder auch ohne musikalische Exzesse genug Dramatik entwickeln. Aber das sind nur kleine Mängel eines ansonsten wohl komponierten Naturdokumentarfilms, der sein umweltpolitisches Anliegen ästhetisch überwältigend und ohne pamphletartige Ausschweifungen formuliert.

Martin Schwickert

Earth D/GB 2007 R: Alastair Fothergill und Mark Linfield