UP! UP! TO THE SKY

Irre im Himmel

Eine Komödie mit gesundem Abstand zur Realität

Was ist mit unserer Abmachung: Jeder Start muss 24 Stunden vorher angemeldet werden?" fragt Ida (Katja Riemann) mit mütterlichen Sorgenfalten auf der Stirn. Sohnemann Arnold (Max Riemelt) hat wieder seinen Düsenantrieb umgeschnallt, mit dem er sich demnächst ins All davon machen will. Genauso wie sein Vater, der in den Himmel entschwunden ist, als der Junge sechs Jahre alt war.

Vielleicht ist er auch einfach nur abgehauen, hat Ida sitzen lassen mit dem Jungen in dem verwunschenen Haus auf dem Lande, um das die sommerlichen Kornfelder wogen. Jedenfalls glaubt Arnold fest daran, dass er genau wie Papa ein Außerirdischer ist, und im Dorf denkt jeder, der Junge hat nicht mehr alle Tassen im Schrank.

Bekloppt oder Alien? - diese Frage zieht sich durch Hardi Sturms Up! Up! To the Sky und das Wunderliche an diesem Film ist, dass er beide Möglichkeiten tatsächlich bis zum Schluss offen hält. Das liegt daran, dass Sturm von Anfang an einen gewissen Abstand zur Realität einnimmt und seine Geschichte visuell in einen märchenhaften Schwebezustand versetzt.

Die Landschaft wird in sommergoldenes Licht getaucht, Blumen umranken Idas Haus wie ein Zauberschloss, die Sonnenblumenfelder, durch die sie mit flatterndem Kleid radelt, wirken wie ein impressionistisches Gemälde, und der norddeutsche Himmel, an dem die Wolken ruhelos treiben und in der Nacht die Sternschnuppen leuchten, ist stets voller Verheißungen.

Zunächst aber kommt Arnold in die Klapse. Beim letzten Startversuch hat er ein Kind verletzt, und der Landarzt Emil (Armin Rohde) schickt ihn zum Schutz vor dem bäuerlichen Pöbel in die Psychiatrie. Zwischen der behandelnden Ärztin Wanda (Anneke Kim Sarnau) und dem kosmischen Patienten kommt es zu elektrostatischen Entladungen, die zu weitreichenden, emotionalen Verwicklungen im Therapieverfahren führen. Während die ersehnte Sternenkonstellation für die Reise ins All naht, werden die irdischen Anziehungskräfte zwischen Arnold und Wanda immer stärker.

Science Fiction, Romanze, Märchen, Komödie, Klapsendrama - einen eigenwilligen, aber in sich durchaus stimmigen Genremix hat Regisseur und Drehbuchautor Hardi Sturm da entworfen. Sein naiver Held, den Max Riemelt mit unschuldigem Charme auskleidet, lässt die Grenzen zwischen Realität, Liebe und Wahnsinn zerfließen. Fliegende Fische und eine unbefleckte Empfängnis arbeitet Sturm ebenso unverkrampft ein wie die spätsommerliche Farbpalette, mit der die Bilder lasiert werden. Manchmal schrubbt die Angelegenheit nur knapp am Kitsch vorbei, aber der Film steht genauso unbeirrbar zu seinem Stil wie Arnold zu seiner außerirdischen Identität. Neben Max Riemelt als verträumten Raketenmann überzeugen Katja Riemann als lakonische Übermutter und die wunderbar spröde Anneke Kim Sarnau

Martin Schwickert

D 2008 R&B: Hardi Sturm K: Philipp Sichler D: Max Riemelt, Katja Riemann, Armin Rhode, Anneke Kim Sarnau