DER VATER MEINER KINDER

Im Dunkel

Die Finanzkrise eines Filmproduzenten als Familienschicksal

Was tut eigentlich ein Filmproduzent? Er treibt das Geld auf, das seine Regisseure mit vollen Händen ausgeben. Wenn der Film dann gut ankommt, treibt er neues Geld auf für neue Filme. Wenn das Geld aber knapp wird, telefoniert er immer hektischer und wird schließlich von der Polizei angehalten. Jedenfalls in einer hoch symbolischen Szene in Mia Hansen-Loves zweitem Spielfilm.

"Sie sind zu schnell gefahren" belehrt eine Streife den workaholischen Grégoire, und weil sein Punktekonto voll ist, wird sein Wagen beschlagnahmt und er vorübergehend verhaftet. Ansonsten geht er mit Frau und Kindern spazieren, telefoniert, sucht Geld, verschweigt seine Krise und erschießt sich etwa in der Mitte des Films.

Warum genau, muss sich jeder selber denken. Die Regisseurin verzichtet auf alle Erklärungen. Keiner macht sich Vorwürfe, keiner klagt "das System" an, das einen guten Mann auffraß, und niemand fragt, wie sich ein liebender Familienvater offenbar über Jahrzehnte unbemerkt unrettbar verschulden konnte. Immerhin hat sich Grégoire nicht mit Blockbustern verspekuliert, sondern Arthaus-Filme mit Seele gemacht.

Da hängt Hansen-Love wohl etwas zu sehr an der Wirklichkeit des Produzenten Humbert Balsan, der sie zum Regieführen ermutigte und sich 2005 nach Depressionen das Leben nahm. Sie wollte an ihn erinnern, aber nicht seine Motive erforschen. Stattdessen gibt es im zweiten Teil eine symbolische Szene, in der die Rest-Familie kurz von den Versuchen pausiert, die insolvente Firma des Vaters zu retten. Der Strom fällt aus, man sitzt im Dunkeln, man sucht Kerzen, und die drei Töchter finden Situation und Selbsthilfe sehr romantisch. Dann geht das Licht wieder an und alle sind ein bisschen enttäuscht.

Solche Szenen machen den Film aus. Insider mögen die Anspielungen auf das Business interessant, Puristen den Musikeinsatz eher kitschig finden (Doris Day singt "Qué Será, Será"), und Handlungsorientierte werden nichts damit anfangen können, dass Grégoires Firma am Ende bankrott, seine Familie aber scheinbar nicht am Bettelstab ist.

Alle weinen noch ein bisschen, aber Grégoires älteste Tochter geht inzwischen mit einem Drehbuchautor aus, für dessen Projekt kein Geld mehr aufzutreiben war. Es wird also wohl weitergehen.

Wing

Le père de mes enfants. F 2009. R + B: Mia Hansen-Love K: Pascal Auffray D: Louis-Do de Lencquesaing, Chiara Casselli, Alice de Lencquesaing, Alice Gautier