Vatertage

Entspannt in die Isar

Eine nette Bayern-Komödie mit übersichtlicher Handlung

Alle Münchner, da ist sich Natalie aus Bitterfeld sicher, schwimmen im Geld. 10.000 Euro müssten da mindestens drin sein und die Finanzierung des Italienurlaubs wäre damit gesichert. Also auf in die bayrische Landeshauptstadt, wo der Vater ihrer Freundin Dina lebt, der die eigene Tochter nie kennen gelernt hat und nun seinen Unterhaltsverpflichtungen nachkommen soll!

Dina ist gerade einmal siebzehn und hat selbst schon einen Säugling im Arm. Aber das Abzock-Unternehmen gestaltet sich schwieriger als erwartet. Denn Vater Basti gehört nicht dem gut betuchten Münchner Mittelstand an, sondern verdient sich als Rikschafahrer mühsam sein spärliches Einkommen.

Der 36jährige ist mit seinem Dasein in den unteren Einkommensschichten nicht unzufrieden. Als überzeugter Junggeselle mit regelmäßigem Damenbesuch schlawinert er sich durchs Leben, lässt sich am Morgen aus dem Schlafzimmerfenster direkt in die Isar plumpsen, trifft sich mit seinen Freunden in der Fahrradwerkstatt zum Weißwurstfrühstück und spielt nach Feierabend in einer Blechblasband.

Dass er plötzlich nicht nur Vater, sondern auch schon Opa ist, schockiert den Münchner Bohemien zutiefst. Grantelnd fügt er sich in seine großelterlichen Pflichten, versucht die geforderte Summe bei Verwandten und Freunden zusammenzuschnorren und beklaut sogar eine betrunkene Niederländerin, die ihn in ihr Hotelbett eingeladen hat.

Dass er Dina und auch das süße Baby mit der Zeit lieb gewinnt, ahnt man, so wie man vieles ahnt in Ingo Raspers Vatertage. Aber auch wenn die Story des Mannes, der sich über Jahrzehnte hinweg dem Erwachsenwerden verweigert hat und angesichts der hereinbrechenden Nachkommenschaft Verantwortung übernehmen muss, in ihren Grundzügen recht übersichtlich erscheint, überzeugt die Komödie durch die entspannte Art, mit der sie den Weg zum dramaturgischen Ziel entlang flaniert.

Das hat viel mit dem Milieu zu tun, das Rasper ohne jeglichen Anspruch auf soziale Authentizität entwirft. Hier regiert nicht die überspannte Münchner Schickeria, die seit Rossini im deutschen Kino das Bild der bayrischen Metropole bestimmt, sondern ein buntes Alternativvolk, das in den Tag hinein leben darf, ohne sich dafür schlecht fühlen zu müssen.

Natürlich ist das ein in spätsommerlichem Licht hemmungslos idealisiertes Bild des Münchner "savoir vivre", das dem Film aber seine eigene Atmosphäre bajuwarischer Gelassenheit gibt. Dazu gehört auch das durchaus charmante Plädoyer zu den frei gewählten Strukturen der Patchworkfamilie, das sich aus den Wirren um mögliche und unmögliche, wahre und falsche Vaterschaften organisch entwickelt.

Martin Schwickert

D 2012 R: Ingo Rasper B: Thomas Bahmann, Ralf Hertwig K: Ueli Steiger D: Sebastian Bezzel, Sarah Horvath, Monika Gruber