VERRÜCKT NACH DIR

Aus der Ferne so nah

Nette Komödie über die Nöte in einer Fernbeziehung

Der kriselnde Arbeitsmarkt bringt es mit sich, dass immer mehr Paare voneinander getrennt in verschiedenen Städten leben. Gerade die Generation 25plus, die mit fragilen Karriereplänen hantieren muss, wird im Zeitalter der totalen Flexibilität in Sachen Liebe oft auf eine harte Probe gestellt.

Das Dilemma einer solchen Fernliebe erörtert Nanette Burstein in ihrer romantischen Komödie Verrückt nach dir. Ganz ohne Geigen lernen sich Erin (Drew Barrymore) und Garrett (Justin Long) vor einer Spielkonsole in einer New Yorker Bar kennen. Nach ein paar bierseligen Stunden verbringen die beiden die Nacht zusammen.

Eigentlich will Erin sich am Morgen leise heraus schleichen aus dieser Affäre. Denn sie weiß, in sechs Wochen muss sie nach Beendigung ihres Redaktionspraktikums zurück nach San Francisco. Trotzdem lassen sich die beiden aufeinander ein, der Abschied am Flughafen will einfach nicht gelingen. Fortan wird die Liebe per SMS, Skype und Telefon aufrecht erhalten.

Sehr kenntnisreich führt Burstein in ihrem Spielfilmdebüt die Höhen und Tiefen einer Fernbeziehung vor. Die Sehnsuchtsanfälle, die sich fernmündlich nicht bekämpfen lassen, die Eifersuchtsfantasien, die auf die Distanz besonders gut gedeihen, bis hin zu misslungenen Telefonsexversuchen, die das Verlangen nur sehr unzureichend befriedigen können. Burstein, die ursprünglich aus dem Dokumentarfilmgewerbe kommt, versucht ihre romantische Komödie im Alltäglichen zu erden und das Genre auch für das männliche Publikum zu öffnen. Dazu gehört nicht nur eine streng paritätische Sichtweise und das stets mit sanfter Ironie durchzogene Spiel Drew Barrymores, sondern auch zwei Saufkumpanen, die Garrett bei seinen Fernbeziehungsproblemen mit drastischen Kommentaren und einer guten Portion Toilettenhumor sekundieren.

Als Gegengift zur romantischen Essenz wirken die vulgären Exkurse zwar oftmals überdosiert, aber immerhin ist Verrückt nach dir eines der wenigen amerikanischen Genreprodukte, das recht freizügig die sexuellen Bedürfnisse seiner Figuren formuliert und die Kamera nach dem ersten Kuss im halbdunklen Schlafzimmer nicht wegschwenkt.

Letztendlich fehlt hier jedoch der komödiantische Feinschliff, der romantische Bedürfnisbefriedigung, Beziehungsrealismus und herzhaften Humor miteinander verbinden könnte.

Martin Schwickert

Going the Distance USA 2010 R: Nanette Burstein B: Geoff LaTulippe D: Drew Barrymore, Justin Long, Christina Applegate