»DAS VERSTECKSPIEL«

Und zurück

Jeff Goldblum bekommt bei der Wiedererweckung die falsche Psyche

Klinisch gesehen ist Hatch Harrison (Jeff Goldblum) eigentlich schon seit über einer Stunde tot ("toter als Elvis", wie einer der Doktoren treffend feststellt), als der Arzt Dr. Neybern (Alfred Molina) ihn (nach einem von ihm selbst entwickelten Verfahren) "zurückholt". Es funktioniert, Harrison lebt wieder.
Fortan wird der arme Mann von gar heftigen Alpträumen geplagt. Die erste Vision ereilt ihn ausgerechnet des nachts, während er Tomaten (!) schneidet. Er sieht, wie einem jungen Mädchen die Kehle durchgeschnitten wird. Zuerst denkt er, daß er selbst diese furchtbare Tat begangen hat. Bis er im Verlauf der Geschichte dahinter kommt, daß bei seiner Wiederbelebung etwas schief gegangen sein muß. Er ist auf unheimliche Weise mit der Psyche eines Mörders in Verbindung, noch schlimmer, er sieht die Taten durch die Augen des Killers. Dieser wahnsinnige Psychopath will jetzt - uh oh - seiner Tochter Regina (Alicia Silverstone) ans noch junge Leben.
Vassago (Jeremy Sisto, wahrscheinlich demnächst der Traum aller weiblichen Teenies) heißt der Mann, der vornehmlich junge Grunge-Girls killt und selbst noch ein Milchgesicht ist. Und wie es der Zufall und das Filmdrehbuch wollen, kann Vassago natürlich auch durch die Augen von Hatch sehen. Und wie schon gesagt, dessen Tochter Regina hat es ihm schwer angetan. Aber Daddy tut natürlich alles damit seiner Tochter kein Haar gekrümmt wird, auch wenn ihn alle für verrückt halten.
Die Romanvorlage zu dieser etwas seltsamen Geschichte stammt von Dean R. Koontz, einer von Amerikas Horror/Grusel Vielschreibern und nach Stephen King wohl der bekannteste. Ob er mit der Filmversion seines Buches zufrieden ist, weiß ich nicht, er hätte zumindest Gründe, nicht ganz glücklich damit zu sein.
Was passiert nach dem Sterben? Das ist sozusagen die Mittelachse, um die sich Das Versteckspiel von Brett Leonard ständig dreht. Die etwas psychedelische Vorstellung, die Leonard scheinbar vom Live After hat, ist visuell der interessanteste Aspekt dieses Films. Leonard stellt sich das ganze als eine Art virtuelle Achterbahn, gepaart mit LSD-Assoziationen vor. Und so setzt er das dann auch höchst "Tripping" in Szene. Schon im Prolog des Films zieht er alle Register der digitalen Bildbearbeitung. Explodierende Farben, wahnsinnig rasante Kamerafahrten, ungeheuer schnelle Bildabfolgen. Das hat dann ungefähr die gleiche Wirkung als wenn zwanzig Paparazzi-Kammerablitzlichter aufeinmal vor den Augen explodieren. Man sieht einfach nichts mehr. Das Auge kann die Flut der Bilder nicht mehr verarbeiten. Und damit schießt Leonard dann auch haarscharf an der von ihm angestrebten Wirkung vorbei. Seine Bilder laufen oft ins Leere, wirken Zusammenhangslos. Mit simplen Schnitt/Gegenschnitt Montagen à la: Goldbluhm wälzt sich im Bett -Schnitt - Goldblum hat eine Vision, kann man das Grauen nicht greifbar machen. Hier wird einfach zuviel gezeigt, der Zuschauer sieht immer sofort, was passiert, so erzeugt man natürlich keine Spannung.
Auch den Figuren fehlt's an Kontur. Nur weil Goldblum von Beginn an ein Tote-Tochter-Trauma (seine jüngste Tochter kam bei einem Unfall ums Leben) mit sich rumschleppen muß, erlangt die Figur Harrison ja nicht automatisch Tiefe. Vollends aus dem Ruder gerät der Film beim großen Finale, das in der alten Auseinandersetzung Gut gegen Böse gipfelt. In dem kämpfen dann blaue Astralkörper (für Himmel) gegen rote Dämonen (so hat man sich nun mal die Hölle vorzustellen, man faßt es nicht). Zum Schluß, und das darf man hier ruhig erzählen, gewinnt das Gute natürlich die Überhand. Was von mir aus ja auch in Ordnung ist, ich habe nichts gegen Happy Endings. Wenn die Story nur etwas plausibler erzählt worden wäre und der Regisseur einen vernünftigen Rhythmus für seine teilweise tollen Bilder gefunden hätte, dann wär's ein sehr guter Film geworden.

Mirko Puzic