»VIER LIEBEN DICH«

Klons & Tränen

Die Idee ist ebenso modern wie bärtig - und sie scheitert, weil sie sich ohne Klinge rasiert

Schnell erklären: erstens - im modernen Leben sind wir derart überfordert, daß nichtmal zwei von uns den Job geregelt kriegten. Bzw. auch ein 48 Stunden-Tag zu kurz wäre für Arbeit, Familie und Selbstentfaltung. D'accord. Michael Keaton braucht gar vier von sich, um zu merken, daß das kein Ausweg ist.
Zweitens: Jeder von uns ist innerlich eh viele, und etwa zwei WINGs brächten unterschiedliche Facetten des Originals zum Vorschein (der andere wäre z.B. dünner und spielte immer noch Blockflöte). Michael Keaton zerfällt so in Held, Haudegen, Hausmütterchen und Harpo für Blöde.
Drittens: das Kind in den drei Männer-Modellen ist ein reiner Zusatz-Tor, steckt sich Pizza in die Hose, darf sich sicherheitshalber nur ohne Klinge die Zunge schaben - und kriegt doch eine Frau, die ihm den Pillermann anfaßt. Frei ab 6.
Weshalb die beiden Seelen - ach - der zugrundeliegenden Kurzgeschichte zu beiden Seiten des Plots lachhaft vom Pferde sinken. Auch wenn das, als hätte es die Rezensenten-Biographie gekannt, ein Segelboot mit Alt-Skipper und Jung-Maatin ist.
Nochmal von vorne: Michael ist vom Leben überfordert. Da schenkt ihm ein später spurlos verschwindender Gentechnologe eine zweite Chance: einen Klon. Das Michael-Double macht die Arbeit (Auffahrten betonieren - das ist so amerikanisch, wie Fensterputzen deutsch ist), die Blaupause kriegt so Zusatz-Zeit für Frau und Kinder. Aber ein zweiter Klon muß her, damit der echte Mann auch Zeit für sich selber findet. Derweil seine Abbilder einen dritten Klon engagieren, damit die Logik endgültig wegbleibt.
Es gibt ein paar halbgare Verwechselungs-Grotesken (der Macho muß Bügeln, der Senso muß Malochen, der Dödel kriegt die Ehefrau ganz nacktherzig zu Fassen), es gibt sehr schöne Selbstverwirklichungsscheitereien des Vorbilds (er will verantwortungsflüchterdings Segeln lernen - und kotzt der Skipperin ihren Hund voll), und es gibt einen Gedanken dahinter: die drei anderen Keatons können rigoroser arbeiten, mutternmäßiger kochen, sinnloser den Hirni machen ... aber immer, wenn's richtig chaotisch zu werden droht, rettet sich Multiplicity (hier ist der Orginal-Titel schlechter, weil anspruchsvoller, als die Übersetzung) ins Idyll.
Die zum moralischen Beispiel veräußerlichten Keatons Zwei bis Vier machen eine Pizzabude in Key West auf - und das Vorbild kriegt Leben und Liebe plötzlich ganz alleine in den Griff. Enttäuschend.
Beglückend ist nur die Tricktechnik: vier mal Ex-Batman als jeweils anders Versagenden im selben Bild zu haben, macht schon Spaß. Andererseits ist vier mal Keaton nichtmal halb so gut wie zweimal Laurel & Hardy. Zum Beispiel.
Vielleicht aber könnte man den völlig überforderten Film-Vorführer der Bielefelder Flebbe-Kinos mal klonen? Denn der rotiert zwischen fünf Filmstarts in zehn Minuten zwischen allen Kinos so herum, daß er z.B. Schärfe-Probleme frühestens nach dem Werbeblock lösen kann.

WING