DIE VIER FEDERN

Helden unter sich

Shekhar Kapur (»Bandit Queen«) über die imperiale Arroganz der Briten

Fünf Mal wurde der Stoff bereits verfilmt. Die letzte und bekannteste Kinoadaption stammt von Zoltan Korda aus dem Jahr 1939 - ein Hohelied in Technicolor auf die Mannesehre und die Tugenden des britischen Empires.

Wenn ein Regisseur wie Shekhar Kapur (Bandit Queen) die Geschichte nach über sechzig Jahren wieder ausgräbt, darf man gespannt sein. Der indische Filmemacher hat zuletzt in Elisabeth seinen souveränen Umgang mit britischer Historie bewiesen und dabei das Kostümfilmgenre sanft revolutioniert. Heath Ledger (Monsters Ball) spielt in den jungen Rekruten Harry Feversham, der den Dienst am Vaterland quittiert, als sein Regiment zur Verteidigung kolonialer Interessen in den Sudan verschifft werden soll. Unter die diffuse pazifistische Grundeinstellung haben sich private Glückssehnsucht und ganz banale Todesangst gemischt. Die Regimentskameraden schicken ihm als Symbol der Feigheit drei weiße Federn. Aber erst die vierte Feder von seiner Verlobten Ethne (Kate Hudson) trifft mitten ins Herz.

Auf eigene Faust reist Harry nach Nordafrika, um den bedrohten Kameraden zu Seite zu springen und seinen geschändeten Ruf zu retten. Getarnt mit Vollbart und Turban mischt er sich Undercover unter die arabischen Rebellen, die von dem selbsternannten islamischen Propheten Muhammad Ahmed angeführt werden. Nur kurz lässt Kapur die Aktualität der Geschichte aufblitzen. Wenn die britischen Soldaten einen arabischen Heckenschützen stellen, führt das zu einer gespenstischen Selbstmordaktion des Rebellen. Mit Steinwürfen verjagen die Einheimischen die Rekruten der Krone - Bilder die sich unmittelbar mit dem heutigen Nahostkonflikt verbinden.

Im Gegensatz zu Zoltan Kordas Verfilmung, die den britischen Imperialismus unkritisch begegnete und die rebellierenden Araber als diffuse säbelschwingende Masse in Szene setzte, bemüht sich Kapur um einen differenzierteren Blick auf die Verhältnisse. Dem englischen Edelmann wird mit dem afrikanischen Krieger Abou Fatma (Djimon Hounsou) ein schwarzer Schutzengel zur Seite gestellt, der auch für den interkulturellen Austausch sorgen muss. In den Schlachtsequenzen, in denen die Rebellen wie ein Ameisenheer über die rotberockten britischen Zinnsoldaten herfallen, wird beides sichtbar: der fanatische Kampfgeist des Aufstands und die tragische Arroganz imperialer Macht.

In Die vier Federn beweist sich Kapur als Meister des Breitwandformats. Die Gegenlichtaufnahmen, die der Oliver Stone-Kameramann Robert Richardson aus der marokkanischen Wüste herausfiltert, sind betörend und die Massenszenen von wohl dosierter Monumentalität. Anders als in Elisabeth dringen Kapurs Modernisierungsbestrebungen jedoch nicht zum Kern der Geschichte durch. Die Koordinaten von Stolz und Ehre, die Masons Roman zusammenhalten, bleiben auch im Film unangetastet. So sehr sich Heath Ledger auch bemüht, im ersten Viertel die Gewissensqualen seiner Figur auszuformulieren: Dass er sich für eine Hand voll Federn in den verbleibenden eineinhalb Kinostunden aus freien Stücken immer tiefer in die Hölle des Krieges hineinreitet, ist für uns achselzuckende Pragmatiker der Ich-Gesellschaft nicht nachvollziehbar. Und so scheitert Kapurs zweiter Versuch, das Kostümfilmgenre zu modernisieren, zunächst an der Auswahl des Stoffes und dann am mangelnden Mut, die angestaubte Geschichte konsequent gegen den Strich zu erzählen.

Martin Schwickert

The Four Feathers R: Shekhar Kapur B: Michael Schiffer, Hossein Amini nach dem gleichn. Roman von A. E. W. Mason K: Robert Richardson D: Heath Ledger, Wes Bentley, Kate Hudson