Warm Bodies

Julia und der Zombie

Eine ungewöhnliche Liebesgeschichte

Eigentlich ein hübscher Junge, der da durch die verwüstete Großstadtlandschaft wankt. Vielleicht ein wenig blass im Gesicht, und der Teint ist auch nicht mehr ganz frisch. Sein Gang ist etwas schleppend, die Bewegungen wirken unbeholfen, und der stöhnende Sprachduktus ist definitiv gewöhnungsbedürftig.

Aber so ist das nun einmal, wenn man schon gestorben ist und als Zombie weiterlebt. An sein altes Leben erinnert sich der untote junge Mann kaum noch. Von seinem Namen ist im Gedächtnis nur noch der Anfangsbuchstabe übrig: R (Nicholas Hoult) hat sich wie viele seiner Mitzombies auf einem verlassenen Flughafengelände häuslich eingerichtet. Wenn er genug hat vom eintönigen Kommunikationsgestöhne, zieht er sich zurück in seine Boeing, legt eine Vinyl-Platte auf und trauert der Zeit hinterher, als er seinen Gefühlen noch Ausdruck verleihen konnte. Denn auch wenn behauptet wird, die Seele habe mit dem Tod den Körper verlassen, spürt R vage, dass da noch ein paar Restemotionen im wandelnden Leichnam geblieben sind. Der diffuse Verdacht wird zur Gewissheit, als er Julie (Teresa Palmer) zum ersten Mal sieht.

Die Kennenlernbedingungen sind suboptimal: Julie ist ein echter lebendiger Mensch und gehört zu einem Erkundungstrupp, der sich ins Zombiegebiet vorgewagt hat. R und seine Artgenossen sind gerade dabei die Eindringlinge aufzufressen, "Hunger", so kommentiert R aus dem Off, "ist eine sehr machtvolle Angelegenheit". Aber Julie weckt in ihm ein noch stärkeres Gefühl und so rettet er die junge Frau.

Vor einer vertraut postapokalyptischen Kulisse entwirft Jonathan Levine (50/50) eine morbide Liebesgeschichte, die die Grenze zwischen Leben und Tod auf sehr eigenwillige Weise durchlässig werden lässt.

Unversöhnlich wie die Capulets und die Montagues stehen sich die verfeindeten Welten der Zombies und der wenigen verbliebenen, nichtinfizierten Menschen gegenüber, die sich hinter dicken Stahlmauern vor den Untoten verschanzt haben. Und das bleibt nicht die einzige Analogie zu Romeo und Julia in diesem Film, der sich später auch noch mit einer waschechten Balkonszene vor Shakespeare verneigt. Warm Bodies basiert auf einer Geschichte von Isaac Marion, die dieser zunächst als siebenseitige Short-Story im Internet veröffentlichte und zu einem Roman ausbaute. Die Verbindung klassischer Liebesgeschichtenklischees von Romeo und Julia bis zu Die Schöne und das Biest mit modernen Weltuntergangsfantasien à la 28 Days Later wird hier vollkommen organisch hergestellt.

Unterlegt wird das Ganze mit einem liebenswert-sarkastischen Off-Kommentar des untoten Ich-Erzählers und einem weiten metaphorischen Resonanzraum, in dem - nicht ohne Ironie - über die Einsamkeit und das Unvermögen, die eigenen Emotionen zu artikulieren, ebenso nachgedacht wird wie über romantische Ideale, mit deren Hilfe sogar angegammelte Zombies wieder ins Leben zurückgeholt werden können.

Martin Schwickert

USA 2012 R&B: Jonathan Levine nach einem Roman von Isaac Marion K: Javier Aguirresarobe D: Nicholas Hoult, Teresa Palmer, John Malkovich