WEATHER MAN

Fehl am Platz
Die ironisierte Geschichte eines lächerlichen Mannes: Nicholas Cage als »Wettermann« kämpft gegen Selbstzweifel und Einsamkeit

Dave Spritz (Nicolas Cage) sieht nicht, was er tut. Die Kaltfront, die der Wettermann mit genau abgezirkelten Armbewegungen aufzeigt, die Orte, auf die er mit dem Finger deutet, sind unsichtbare Punkte auf dem sogenannten green screen. Denn die Wetterkarte wird für die Fernsehzuschauer erst nachträglich elektronisch eingeblendet. Tagtäglich fischt Dave im Trüben, führt sein seltsames Fernsehballett vor und verdient damit sogar gutes Geld. Dabei ist er nicht einmal Meteorologe und sich der eigenen Inkompetenz schmerzhaft bewusst.
In Chicago ist Dave eine Berühmtheit. So berühmt, dass die Leute aus den vorbeifahrenden Autos rufen "Ey, da ist der Wettermann!" und ihn mit Cola, Hamburger, Hotdogs und anderem Fast-Food bewerfen. Vielleicht weil sie spüren, dass hinter dem breiten Fernsehlächeln ein frustrierter Loser steckt, der keinen Platz im Leben findet.
Nachts hält er mit seinem Wagen vor dem Haus, in dem er einmal wohnte, und beobachtet das Leben der Familie, zu der er einmal gehörte. Wenn er seine übergewichtige Tochter und den muffig in sich hinein pubertierenden Sohn trifft, strafen die Kinder den Vater mit eisigem Schweigen. Dabei gibt sich Dave große Mühe. Aber er ist einfach einer, der immer daneben langt, der zur richtigen Zeit das Falsche sagt, der unfähig ist, zwischenmenschliche Situationen korrekt einzuschätzen, und der den Mut nicht verlieren will, obwohl alle Hoffnung schon längst begraben ist.
Für Daves Vater (Michael Caine), den großen Schriftsteller und Pulitzer Preis-Träger, ist der Wetterfrosch-Sohn eine einzige Enttäuschung. Schließlich ist der Sohnemann nicht einmal in der Lage, ihm eine Zeitung oder einen Kaffee zu besorgen, weil er nie über das passende Kleingeld verfügt.
Mit Weather Man zeichnet Gore Verbinski (The Mexican/Fluch der Karibik) das schillernde Porträt eines Mannes, der den Glauben an die eigene Existenzberechtigung verloren hat, der sich der eigenen Lächerlichkeit schmerzhaft bewusst ist und doch nicht gegen sie ankämpfen kann. Verbinskis Blick auf die Figur ist gleichzeitig von Ironie und menschlicher Wärme gekennzeichnet. Auch wenn Nicolas Cage zunächst nicht als Idealbesetzung für diesen Verlierertypen erscheint, wirft er hier ähnlich wie in Adaptation seine schauspielerischen Eitelkeiten weit von sich und legt seine Figur als depressiven Don Quichotte an, der gegen die Windmühlen der modernen Erfolgsgesellschaft ins Feld reitet.

Martin Schwickert
USA 2005 R: Gore Verbinski B: Steven Conrad D: Nicolas Cage, Michael Caine, Hope Davis