»WEHRLOS«

Stehpisser

Vergewaltigung als Ego-Notwehr - schon wieder ein übler Film von Simon West

Die Tochter des Generals ist ermordet worden. Nackt, an vier Pflöcke auf den Boden gefesselt, hat man sie gefunden. Es sieht so aus als sei sie zuerst vergewaltigt und dann erwürgt worden. Passiert ist dieses Verbrechen in einer Militärbasis im Süden der USA.
So fängt er an, der Film, der Wehrlos heisst und die zweite Arbeit von Regisseur Simon West ist, aber zu dem kommen wir später noch.
John Travolta (etwas aufgeschwemmt; zuviel Southern Comfort?) spielt den Chefermittler. An seiner Seite Madeleine Stowe (tolle Schauspielerin in mieser Rolle) zuständig für die Sichtweise der Frau, schliesslich geht es um Vergewaltigung unter Militärangehörigen, ein heikles Thema. Sollte man meinen. Ist aber falsch, denn in Wirklichkeit ist Wehrlos natürlich nur ein simpler "Such den Mörder"-Film. Der, wie es sich in dem Genre wohl gehört, mit ein paar falschen Spuren aufwartet und gleich mehrere Verdächtige präsentiert. War es vielleicht James Woods (seltsam erstarrt, wohl an der Rolle festgefroren)? Aber ach nee, erfahrene Whodunit-Gucker wissen: der erste Hauptverdächtige ist höchst selten am Ende der Bösewicht. Weswegen Wood im zweitem Drittel des Films Selbstmord begeht bzw. ermordet wird, aber das sollen wir ja zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen. Aber das ist ja das Problem mit diesem Film, man weiss irgendwie doch schon alles vorher.
Ich wollte ja noch etwas zu Simon West sagen. Wests erster Film hiess Con Air . Das war ein ziemlich behämmertes Krawum-Spektakel, das unbedingt den Beweis antreten wollte, dass ein Big Budget Action-Film absolut kein Drehbuch braucht. Nun, so ganz ist West von diesem Gedanken wohl nicht abzubringen gewesen, denn auch der Plot von Wehrlos ist ziemlich erbärmlich.
"Es gibt etwas das schlimmer ist als Vergewaltigung, das ist der Verrat". Klar, dass so ein Schwachsinn von einem Mann kommt. Von einem Mann geschrieben, von einem Mann gespielt, von einem Mann gedreht. Und keinem kam was komisch vor? Nicht mal Madeleine Stowe hat gemerkt, wie dünn ihre Rolle als Stichwortgeberin ist. Es gibt zwei grosse Szenen mit der Stowe. In der ersten wird sie fast vergewaltigt, ist aber halb so schlimm, das schüttelt sie ab wie nichts, sie gehört schliesslich zur Army. In der zweiten sitzt sie einem potentiellen Vergewaltiger gegenüber. Dabei kommt ihr das Wort "Warum" nicht einmal über die Lippen. Eine differenzierte Erklärung dafür, weshalb Männer Frauen Gewalt antun, gibt's hier nicht. Army Men hassen es, wenn jemand im Sitzen pinkelt. Also vergewaltigen sie. Und die Misshandelte rächt sich an den Männern, indem sie zur Domina mutiert und es mit allen in der Kaserne treibt. Auch um den Vater zu ärgern der das Verbrechen der Karriere wegen vertuscht hat. Es gibt Filme die sind so doof, dass man wütend aus dem Kino kommt. Auch eine Art von Unterhaltung.

Mirko Puzic