WHATEVER WORKS

Manhattan Transfer

Woody Allen dreht wieder zu Hause

Nach cineastischen Abstechern nach London und Barcelona kehrt Woody Allen mit seinem 40. Film wieder zurück nach Manhattan, wo die Stadtneurotiker bekanntlich am besten gedeihen. Boris Yelnikoff (Larry David) ist das Prachtexemplar eines New Yorker Nihilisten. Der pensionierte Quantenphysiker glaubt allein die Wirkungsmechanismen unseres irdischen Lebens begriffen zu haben und ummantelt sich mit einem Zynismus, der ihn wie eine intellektuelle Festung umgibt. Boris ist nicht nur so schlau, dass er nach eigener Auskunft beinahe zum Nobelpreis nominiert wurde, sondern realisiert auch als einziger, dass er in einem Film mitspielt, und adressiert das Publikum direkt von der Leinwand herab.

Sein selbstzufriedenes Besserwisserleben mit gelegentlichen hypochondrischen Anfällen wandelt sich dramatisch, als er vor der Tür seines Hinterhofapartments auf die junge Melody St. Ann Celestine (Evan Rachel Wood) trifft, die aus den Südstaaten nach New York geflüchtet ist. Irgendwo hat auch ein Mann wie Boris noch ein Herz im Leib, und so nimmt er die durchgefrorene Ausreißerin auf einen Tee mit nach oben. Aus den Aufwärmminuten werden Stunden, Tage, Wochen Monate, ein Jahr. Melody begegnet dem alten Grieskram mit entwaffnender Naivität, und schon bald finden sich das Dummchen aus der Provinz und der alte Klugscheißer vor dem Traualtar wieder.

Nach der Hochzeit fangen die Turbulenzen erst an. Melodys Mutter (Patricia Clarkson) klopft wie das Schicksal persönlich an die Tür und ist nicht gerade begeistert von der geriatrischen Partnerwahl ihrer Tochter. Aber bald findet sich die fromme Kirchgängerin, die gerade von ihren Mann verlassen wurde, in der New Yorker Künstlerszene und einer ménage-a-trois unkonventionelle Glücksalternativen. Und auch der spießige Vater (Ed Begley Jr.), der wenige Wochen später vor der Tür steht, um seine Frau zurückzuholen, bricht in der freigeistigen Metropole unverhofft zu neuen Ufern auf.

Das Skript zu Whatever Works hatte Allen bereits in den 70er-Jahren dem Komiker Zero Mostel auf den Leib geschrieben. Nach dessen Tod im Jahre 1977 lag das Drehbuch in der Schublade, und den Staub der drei Jahrzehnte merkt man dem Film deutlich an. Wie ein müder, früher Entwurf zu dem abgebrühten Zyniker, den Allen in Harry außer sich (1997) spielte, kommt einem die Figur vor, die dank der dicken Hornbrille unschwer als Alter Ego des Regisseurs zu erkennen ist. Larry David, einer der Mitbegründer der TV-Comedy-Show Seinfeld , spielt die Figur allzu geradlinig. Angesichts der satirischen Sprachgewalt der Dialoge vermisst man das schusselige Understatement, mit dem Allen als Schauspieler seine eigenen Charaktere ausgestattet hat.

Gerettet wird das Unterfangen aber vor allem durch die gut aufspielende Damenriege. Patricia Clarkson verteidigt in dieser eher kleinen Rolle erneut ihren Ruf als ungekrönte Königin des amerikanischen Independent-Films, und Evan Rachel Wood verleiht der Rolle der naiven Landpomeranze Brillanz und Würde.

Martin Schwickert

USA 2009 R & B: Woody Allen K: Harris Savides D: Larry Davidd, Evan Rachel Wood, Patricia Clarkson, Ed Begley jr,