»WILDE KREATUREN«

Monty Python light

»Wanda II«: lustig, aber politisch korrekt

Wanda hat Karriere gemacht. Aus der mit allen Wassern gewaschenen Gangsterin, die dann schließlich unter Zurücklassung ihres minderbemittelten Komplizen Otto mit einem ältlichen Anwalt durchbrannte, ist eine smarte Managerin geworden, die die Geschäftsführung einer Radiostation übernehmen soll, die zum multinationalen Mischkonzern des Magnaten Rod McCain gehört. Allerdings hat Rod die Radiostation schon wieder verkauft, als Wanda, die jetzt Willa Weston heißt, ihren Dienst antritt, was aber weder Rod noch dessen ungeliebten Sohn Vince noch gar Willa selbst nennenswert aus der Fassung bringt. In einer so großen Firma wird sich immer eine Aufgabe für wirklich fähige Leute finden. Zum Beispiel die Leitung eines kleinen englischen Zoos, der noch nicht ganz in der 20%igen Gewinnzone ist, die Rod für alle seine Firmen verlangt. Zur Zeit wird der Zoo von Rollo Lee geleitet, der vorher für Rod einen Fernsehsender in Hongkong managte. Und aus seiner TV-Erfahrung weiß Rollo genau, daß im Showbusiness vor allem Gewalt erfolgreich ist - und ein Zoo ist ja auch Showbiz, nicht wahr? Jedenfalls wollte Rollo alle weniger gefährlichen Tiere, all die niedlichen Meerkatzen, Nager und sonstige Kuscheltiere ausquartieren - sehr zum Entsetzen der unglaublich tierlieben Zoo-Mitarbeiter. Und weil Rollo im Grunde auch ein sehr tierlieber Mensch ist, bringt er es einfach nicht übers Herz, die puscheligen Lieblinge zu erschießen (wie er's angekündigt hat). Er versteckt sie in seinem Schlafzimmer, was für Außenstehende gelegentlich recht merkwürdige Geräusche ergibt. Und als Willa dann schließlich zur Sanierung eintrifft, findet sie den ältlichen Noch-Zoodirektor mit den scheinbar eigenartigen Neigungen sehr... nunja: attraktiv. Was Vince, dessen Fähigkeiten jedwelcher Art sich umgekehrt proportional zu seinem Selbstbewußtsein verhalten, ziemlich abartig findet. Weil er erstens selbst auf die attraktive Willa scharf ist und die - zweitens - bei einem so schönen Mann gar keine Wahl hat, als seine Gefühle zu erwidern. Außerdem haßt Vince Tiere, was ihn zum Zoo-Manager geradezu prädestiniert. Und er hat bestimmte, ganz eigene Ideen, wie man eine so altmodische Einrichtung schnell in die Gewinnzone bringen kann.

Erstens: die Zeiten sind anders geworden, seit in Ein Fisch namens Wanda unbekümmert kleine Hunde unter schweren Betonklötzen untergebracht oder Skalare lebendig verzehrt werden konnten. In Fierce Creatures leidet kein Tier, und wenn es so aussieht, sieht es eben nur so aus. Was zwar immer für einen mindestens mittleren Lacher gut ist, aber die alte Härte doch etwas vermissen läßt. Zweitens: Das Gespann Jamie Lee Curtis, John Cleese und Kevin Kline mit Michael Palin als Sidekick hat nichts von seinem komischen Potential verloren. Die Monty-Python-Veteranen passen nach wie vor gut zu den virilen Amis, die Kultur-Kontraste sorgen wieder für allerlei Situationskomik, und die gewissenhaft aufgebauten und mit der Zwangsläufigkeit einer mittleren Zeitbombe ablaufenden Slowburn- und Domino-Gags aus den Federn von John Cleese und Ian Johnstone sind nach wie vor allererste Komödien-Sahne. Drittens: Natürlich reicht Fierce Creatures nicht an Wanda heran, was nicht verwundert - dazu war Wanda einfach zu gut und hatte zu viele Elemente, die jetzt fehlen (müssen). Otto zum Beispiel, oder den unbekümmert ausgelebten schwarzen Humor, die köstlich geschmacklosen Witze, die man sich zur Zeit einfach nicht leisten kann, wenn der Film auch in den USA ausgewertet werden soll.

Diese Art von Komik, die ja trotz allem irgendwie in der Tradition der Monty Pythons steht, kann keine Rücksicht auf irgendwas nehmen, und das wird in Fierce Creatures doch getan. So gesehen ist Fierce Creatures ein bißchen wie Monty Pythons light: akzeptanzverstärkt, weitgehend unschädlich, aber immerhin durchaus genießbar.

Jens Steinbrenner