THE WOMEN

Klatsch und Tratsch

Aus dem witzigen Original wurde ein braver, politisch korrekter Frauenfilm

Falls es noch eines Beweises bedarf, dass Hollywood in den 30er-Jahren tausendmal mehr Esprit, Einfallsreichtum und Provokationswillen hatte als die müde Traumfabrik von heute - mit Diane Englishs Remake von George Cukors The Women ist er endgültig erbracht.

Cukors Klassiker hat sich vor allem damit in die Filmgeschichte eingeschrieben, dass in 133 Kinominuten nicht ein einziger Mann auf der Leinwand zu sehen war. Mit Norma Shearer, Joan Crawford, Rosalind Russell, Paulette Goddard und Joan Fontaine hatte Cukor 1939 eine geballte Ladung Frauenpower vor der Kamera versammelt und tauchte mit Lust und einem Dialogfeuerwerk in die emotionalen Wirrnisse von New Yorks weiblicher High Society ein.

In Englishs modernisierter Version spielt Meg Ryan die Zentralfigur Mary Haines, die mit einem Hedge-Fond-Millionär verheiratet ist und im elterlichen Betrieb als Modedesignerin arbeitet. Das Vorzeigeglück hält keine zehn Filmminuten lang, da erfährt Marys Freundin Sylvie (Annette Bening) bei der Maniküre, dass Mr. Haines eine Affäre mit einem "Spritzer-Mädchen" (Eva Mendes) aus der Parfümerie unterhält.

Die Nachricht muss schnellstens im engsten Freundinnenkreis verbreitet werden, wozu die Mehrfach-Mutter Edie (Debra Messing) und die lesbische Bestseller-Autorin Alex (Jada Pinkett Smith) gehören. Mary ist empört über den untreuen Ehegatten und noch empörter über Sylvie, die ihr Insider-Wissen an die Boulevard-Presse weitergibt.

Das grobe Handlungsgerüst und einige Dialogpassagen wurden von der Originalversion übernommen, aber leider ist English fest entschlossen, aus dem bissigen Intrigenspiel einen braven Frauenfreundschaftsfilm zu machen. Und jede Pointe wird dick mit dem Textmarker unterstrichen. Wurde im Original Mary aus unüberwindbarer Tratschsucht von den Freundinnen an die Klatschpresse verraten, wird heute die loyale Freundin Sylvie als Chefin eines kriselnden Modemagazins von einer Klatschkolumnistin erpresst und darf sich erst wieder mit Mary versöhnen, nachdem sie den Job gekündigt hat.

Und auch Mary wird einem Charakter-Coaching unterzogen und muss sich als selbstständige Modedesignerin bewähren, bevor sich ihr privates Familienglück rekonstituiert.

Alles schön und gut und feministisch halbwegs korrekt. Aber eben auch deutlich langweiliger. Die Läuterungsdramaturgie und Wohlfühlelemente ersticken den quirligen Charme der Vorlage, in der Sentiment, Sarkasmus und verbale Anarchie wild nebeneinander blühen durften. Cukors The Women - das war perlender Champagner. Englishs Update-Version ist dagegen lauwarmer Kräutertee.

Martin Schwickert

USA 2008 R&B: Diane English K: Anastas Michos D: Meg Ryan, Annette Bening, Eva Mendes