Die Abenteuer der kleinen Giraffe ZARAFA

Out of Afrika

Ein koloniales Kinder-Märchen, gemütlich animiert

Einerseits toben die Madagascar-Tiere gerade zum dritten Mal mit amerikanischer Rasanz durch Europa, andererseits war gerade mit Zambezia der erste abendfüllende Animationsfilm aus Südafrika in unseren Kinos, und jetzt kommt ausgerechnet aus Frankreich ein afrikanisches Abenteuer, das vor sacht angedeutetem Kolonialismus-Hintergrund eine zauberhafte Fabel von Freundschaft und Familie erzählt. Mit der ebenso medial-modernen wie sujet-traditionellen Volte, dass ein alter Afrikaner sie den Kindern des Dorfes mit Puppen vorspielt.

Dies ist Maki, ein kleiner Junge, der unter die Sklavenhändler fiel. Das ist Moreno, ein fieser Europäer, der im Sudan Arbeitskräfte stiehlt. Das ist Hassan, ein edler Berber, der ganz eigene Pläne hat. Und hier sehen wir Maki, wie er mutig aus seinen Ketten schlüpft, wegläuft, von Hunden gehetzt wird und eine Zeit lang bei einer Giraffenfamilie unterkommt. Besonders zur Junggiraffe Zarafa entwickelt er eine Zuneigung, die umso herzlicher wirkt, weil die Regisseure darauf verzichten, ihre Tiere reden zu lassen. Ein Augenklimpern hier, ein Schnauzenstups da, mehr braucht es nicht.

Dann gibt es eine traurige Bambi-Szene und der realistische Kern der Story setzt ein. Tatsächlich wurde Anfang des 1825 eine Giraffe aus politischen Gründen von Afrika nach Paris entführt. Der ägyptische Pascha wollte mit dem Geschenk den französischen König zur Waffenhilfe gegen die Türken überreden. Zarafa war zwei Jahre unterwegs und wurde als erste Giraffe seit der Renaissance in Europa stürmisch begrüßt.

Im Film ist Hassan der Tier-Transporter, der ein bisschen skrupellos seinem Auftrag folgt und Zarafa an die Leine nimmt, aber auch stoisch wohlwollend sich um Maki kümmert. Nach allerlei Abenteuern mit lustigen Händlern, tanzenden Piraten und einem schrulligen Ballonfahrer landen sie flugs Paris. Dort kommt Zarafa in den Zoo, Maki in die Zivilisation und bald noch tiefer in die Traufe. Denn einerseits taucht der böse Moreno wieder auf, und andererseits will Maki immer noch Zarafa zurück nach Afrika bringen. Dazu braucht er die Hilfe Hassans, seines Retters und Zarafas Entführers.

Die Unterbrechungen der Handlung durch die Märchenerzählerpassagen raffen die Zeit auf die spannenden Stellen, und das Handwerk der fast altertümlichen 2D-Animation verwandeln die Bilder in ruhige, farbstarke Comic-Tableaus. Einerseits.

Und zum letzten Mal andererseits: Der überall spürbare Vorsatz, eine einfache Geschichte zu erzählen, lässt ständig die schlimmsten Klischees und die simpelsten Lösungen zu. Der feilschende Händler hat eine krumme Nase, in der Gefangenschaft findet Zarafa ihr Familienglück, und Maki kriegt ein Happy End zurück in Afrika, wo eigentlich gerade der Kolonialismus rast. Immerhin hat der Erzähler einen Ausweg: "Das ist eine ganz andere Geschichte" sagt er und verschwindet in der Wüste.

Wing

F/B 2011. R: Rémi Bezancon, Jean-Christoph Lie B: Alexander Abela, Rémi Bezancon