Zoran - Mein Neffe der Idiot

Falstäffchen im Friaul

Die Wandlung eines Ekels

Hier gibt´s Wein, Weib und Gesang: Das Friaul, Italiens nordöstlichste Provinz mit einer Grenze zu Slowenien, beherbergt einen zum Genuss neigenden Menschenschlag. Dass Genießen allein noch keine guten Menschen hervorbringt, dafür ist der schwergewichtige Paolo ein gutes Beispiel. Statt zu arbeiten (in einer Altenheimküche) steht er lieber am Tresen seiner Lieblingsschänke und verleumdet seine Mitmenschen. Seiner Ex und ihrem Neuen wirft er nachts unerkannt die Scheiben ein - und lässt sich dennoch jeden Sonntag von den beiden zum Essen einladen. Paolo ist pleite, schamlos und kennt keine Skrupel.

Das Problem an dieser Komödie ist, dass Giuseppe Battiston diesen fiesen fetten Paolo derart überzeugend spielt, dass man sich durchgehend abgestoßen fühlt. Auch als - nach einer sehr langen Exposition - schließlich die Handlung einsetzt, kann man sich für das Herz dieses Falstäffchens nicht erwärmen. Eine tote Erbtante beschert Paolo einen Neffen aus Slowenien, Zoran. Der wirkt leicht retardiert, ist aber unschlagbar im Dart. Und weil in Schottland gerade die Dart-Weltmeisterschaften ausgetragen werden und weil der Sieger dort richtig viel Geld bekommt, versucht Paolo seinen seltsamen Neffen zu adoptieren und für die Weltmeisterschaft zu trainieren.

Soweit skurril gleich komisch ist, kann man Zoran als Komödie bezeichnen. Allerdings legt sich Gelegenheitsregisseur Matteo Oleotto selbst eine Menge Steine in den Weg und vermasselt in der Inszenierung einiges, was sich im Drehbuch gewiss komisch las. Der Wechsel zwischen Halbtotale und Closeup erscheint meist willkürlich, und die übergroße Kameraeinstellung auf das Gesicht des Hauptdarstellers ist sinnlos, wenn dessen Gesicht mal wieder von Vollbart und langen speckigen Haare verdeckt wird. So folgt man staunend der vollkommen absehbaren Handlung inklusive Happy End und fängt ab der Mitte des Films etwa an zu zählen, wie oft der Regisseur die wenigen guten Gags in den Sand setzte.

Zoran ist der schwerblütige Versuch, Landsleute à la Kusturica als liebenswerte Irre zu präsentieren, ohne auch nur andeutungsweise dessen formale und inhaltliche Genialität zu erreichen.

Thomas Friedrich

Zoran, il mio nipote scemo Italien/Slowenien 20213 R: Matteo Oleotto B: Daniela Gamabra, Matteo Oleotto, Marco Pettenello, Pier Paolo Piciarelli K: Feran Paredes D: Giuseppe Battiston, Teco Cello, Rok Prasnikar. 106 Min.