WIR MÜSSEN ZUSAMMENHALTEN

Das Leben ist schön

Eine tschechische Komödie über die Nazi-Zeit

Zweifellos bewegt sich der tschechische Filmemacher Jan Hrebejk mit Wir müssen zusammenhalten auf dünnem Eis. Oder kann man sich Das Tagebuch der Anne Frank als burleske Filmkomödie vorstellen? Kaum. Zumindest im deutschen Kino.
In Tschechien ist die historische Perspektive und auch die Komödientradition eine andere. Nicht umsonst gilt Jaroslav Haseks Schweijk -Figur immer noch als Volksheld der tschechischen Literatur.
Auch in der Filmgeschichte des kleinen Landes, das immer wieder in die Mühlen europäischer Großmachtfantasien geraten ist, fällt die wohltuende Abwesenheit geradliniger Heldenfiguren ins Auge. Ein Kerl wie Rambo wäre jedenfalls im Böhmerwald hoffnungslos verloren gewesen. Josef hingegen passt gut in die tschechische Heldenlandschaft. Mit passiver Nonchalance und verlängertem Mittagsschlaf tritt er der Besetzung seines Landes durch die deutsche Wehrmacht entgegen. Eher aus Anstand denn aus Heldenmut nehmen Josef und seine Frau Maria 1943 den KZ-Flüchtling David Wiener auf, für dessen Vater Josef einst gearbeitet hat. Die versteckte Speisekammer hinter dem Wohnzimmerschrank wird freigeräumt, und mit der heimatlosen Schweinehälfte, die schnell verzehrt werden muss, fangen die Probleme erst an. Das größte Problem heißt Horst. Unter den Nazis hat der Sudetendeutsche Karriere gemacht. Mit Bohnenkaffeepräsenten spielt er sich als Wohltäter auf und findet es besonders lustig, in Gestapo-Manier an die Tür zu klopfen. Seine überfallartigen Besuche werden für das Ehepaar zur täglichen Bedrohung.
Manchmal kommt Wir müssen zusammenhalten fast schon wie ein Ohnesorg-Theaterstück daher. Etwa wenn Josef, Horst und ihr Nazichef überraschend in der Wohnung aufkreuzen und David in Panik unter Maries Bettdecke hüpfen muss. Aber gerade die burlesken Momente verschränkt Jan Hrebejk immer wieder mit dem dramatischen Potential der Geschichte. Während der deutsche Offizier draußen mit Schnaps abgefüllt wird, stehen David und Marie unter der Bettdecke Todesängste aus. In solchen Szenen schnellt der Puls des Filmes nach oben.
Die Kamera folgt den Figuren mit nervösen Bewegungen und veränderter Bildgeschwindigkeit. Ulk und Angst vermischen sich zu einer latent hysterischen Stimmung, die über das Lachen vom Zuschauer Besitz ergreift. Jan Hrebejk nimmt das Publikum mit auf eine emotionale Gradwanderung und entwickelt dabei eine differenzierte Draufsicht auf die Grenzverläufe des Opportunismus. Unfreiwillige Helden, leutselige Kollaborateure, vermeintliche Widerstandskämpfer - das Prinzip der Ambivalenz bestimmt auch seine Herangehensweise an die Figuren. Wie viele Regisseure seiner Generation bezieht sich auch Hrebejk auf die Alt-68er des tschechischen Kinos: Forman, Chytilova und vor allem Jiri Menzel, der mit Scharf beobachtete Züge schon 1966 die Zeit der deutschen Besatzung mit derber Ironie beschrieb. Mit Wir müssen zusammenhalten verfeinert Hrebejk die tschechische Humortraditionen mit humanistischem Sachverstand und intellektueller Tiefe.

Martin Schwickert

Musime Si Pomahat Tschechien 2000 R: Jan Hrebejk B: Petr Jarchovsky K: Jan Malír D: Boleslav Polívka, Anna Sisková, Jaroslav Dusek