»DER 200 JAHRE MANN«

Lehrjahre einer Dose

Robin Williams als SF-frühgeschichtlicher Data

Wenn Roboter zu viel lesen, gibt es Probleme. Dann wollen sie wie Robin Williams aussehen, ein Haus am Strand bewohnen, fühlen, schmecken und alles tun, was Menschen zu tun pflegen. Das muss nicht, kann aber ein schmerzhafter Prozess sein - so wie im 200 Jahre Mann .
Regisseur Chris Columbus und Roboter-Komödiant Williams haben sich nach dem Erfolg von Mrs. Doubtfire erneut zusammengetan, um die Kassen klingeln zu lassen. Wie im Vorgänger handelt die Geschichte von einem männlichen Wesen, dessen Bestimmung der familiäre Schoss ist.
Was damals der kinderliebende Papi, stellt hier eine humanistisch geprägte Hilfsmaschine dar. Anfangs fällt es freilich schwer zu glauben, dass aus dem gepanzerten Saubermann etwas anderes erwachsen soll als ein devoter Staubsauger. Der Roboter Andrew gehorcht aufs Wort und springt aus dem Fenster, wenn es befohlen wird. Aber bald entdeckt Andrews Besitzer (Sam Neill), ein Millionär mit feinen Idealen, des Pudels wahren Kern: Einen Roboter, der abends Opernarien lauscht und dazu die metallenen Augenbrauen verzieht. So viel Bewusstsein für Kultur rührt an und mündet in einem allabendlichen Volkshochschulkursus für Andrew. Nun beginnt die famose Verwandlung. Andrew umhüllt seinen Körper mit Kleidung, erzählt Witze und eröffnet ein Bankkonto. In der Tochter des Hau-ses findet er eine Freundin, die zwar gewisse Gefühle hegt, sie aber nicht eingestehen kann. Nach jahrelanger Wanderschaft und einer Operation gelingt es Andrew menschliche Gestalt anzunehmen.
Das uralte Thema der Schöpfung behandeln die Filmemacher mit ausgesprochener Weichspüler-Mentalität. Knackpunkte streift der Film oberflächlich, damit sich Williams oder sein metallenes Alter Ego eine imaginäre Träne verdrücken kann. Vehement beschwören die Macher des Guten, Positiven und Unübertrefflichem des menschlichen Geistes. Dazu passt auch der Ort: eine Zukunft, die keine Staaten, sondern ein Weltparlament kennt. Friedlich leben die Menschen in einer warm ausgeleuchteten Kulisse.
Dieser Film ist ungebremster Fortschrittsglaube, der sich nicht Mühe macht, Fragen zu stellen. Er ist ein Produkt, das sich einschmeicheln will, ein willfähriges Vehikel der Gute-Laune-Kultur. Nachhaltig oder gar überzeugend wirkt die Geschichte deshalb an keiner Stelle, Wer von seinen Kindern nicht bedrängt wird, sollte sich Der 200 Jahre Mann ersparen.

Ulf Lippitz