Die zwei Gesichter des Januars

Rivalen unter bleicher Sonne

Eine raffinierte Highsmith-Verfilmung mit wenig Mängeln

Mit dem Drehbuch zu Drive legte Hossein Amini den Grundstein für einen der interessantesten Actionthriller der letzten Jahre. In seinem Regiedebüt Die zwei Gesichter des Janauars widmet er sich nun ganz der Genrepflege und inszeniert einen fast schon orthodoxen Film Noir. Als Vorlage diente ein Roman von Patricia Highsmith.

Im Athen der sechziger Jahre schlägt sich der amerikanische Student Rydal (Oscar Isaac) als Fremdenführer und Gelegenheitsbetrüger durch, als er in der Menge vor der Akropolis ein mondänes amerikanisches Paar entdeckt, zu dem er sich nicht nur aus geschäftlichem Interesse hingezogen fühlt. Der lässige Geschäftsmann Chester MacFarland (Viggo Mortensen) weckt in ihm Erinnerungen an den kürzlich verstorbenen Vater, und dessen deutlich jüngere Frau Colette (Kirsten Dunst) lässt ihn all die Studentinnen vergessen, mit denen er sich bisher in den warmen griechischen Nächten vergnügt hat.

Nach einem ersten gemeinsamen Essen kehrt Rydal noch einmal zum Hotel der MacFarlands zurück und überrascht Chester dabei, wie er den Körper eines Mannes über den Hotelflur schleppt. Rydal hilft ihm den scheinbar Betrunkenen in dessen Zimmer zu tragen, nicht ahnend, dass der Mann soeben von Chester im Affekt getötet wurde. Der Privatdetektiv war von zwielichtigen Geschäftspartnern beauftragt worden, die Chester um erhebliche Vermögenswerte betrogen hat. Auch als das Paar am anderen Morgen Athen überstürzt verlässt, steht ihnen Rydal zur Seite und organisiert gefälschte Pässe und eine Fluchtunterkunft auf Kreta.

Chester merkt schon bald, dass das Interesse des jungen Helfers vor allem Colette gilt. Eifersucht und Alkoholkonsum machen ihn für Rydal zu einem unberechenbaren Gegenspieler. Im Kampf um das begehrte Frauenherz verwickeln sich die beiden versierten Betrüger in ein gefährliches Spiel aus Intrigen und unkontrollierten Gewaltausbrüchen, während ihnen die Polizei immer dichter auf den Fersen ist.

Äußerst stilvoll setzt Amini seinen Noir-Thriller unter der gleißenden Sonne Griechenlands in Szene. Die ausgeblichenen Farben der Landschaft korrespondieren bestens mit den hellen Sommeranzügen, die Viggo Mortensen so lässig wie kein anderer zu tragen versteht. In unaufgeregtem Tempo schreitet die Handlung dahin, die ihre Spannung nicht aus den Plotwendungen, sondern aus der sukzessiven Erforschung der Charaktere bezieht. Sicherlich schaut man Mortensen und Isaac gern dabei zu, wie sie die schleichende Rivalität ihrer Figuren langsam forcieren. Aus dem Manko des Romans, der der Frauenfigur zu wenig Entwicklungsmöglichkeiten eingesteht, finden jedoch weder Amini noch die gern überschätzte Kirsten Dunst trotz sichtbarer Bemühungen einen Ausweg. Der Dame, um deren Aufmerksamkeit die coolen Kerle streiten, hapert es hier doch erheblich an Eigencharisma und Femme-Fatale-Appeal.

Martin Schwickert

The Two Faces of January USA 2014 R&B: Hossein Amini K: Marcel Zyskind D: Viggo Mortensen, Oscar Isaac, Kirsten Dunst 96 Min.