MICHAEL BULLY HERBIG ÜBER »LISSI«

ENDE EINER ÄRA

Michael Bully Herbig über Romy Schneider, »Lissi und der wilde Kaiser« und warum er lieber in Deutschland dreht als in Hollywood


Die Kritik zum Film

Was würde Romy Schneider zu "Lissi und der wilde Kaiser" sagen?
Das würde mich auch wahnsinnig interessieren. Ich habe sie einmal in einer Talkshow gesehen und festgestellt, dass sie eine sehr humorvolle Frau war. Aber ich mache meine Filme ja nicht in erster Linie für die Protagonisten der Originalfilme. Trotzdem ist eine Parodie für mich immer auch eine Hommage. Man kann nur etwas parodieren, was man charmant findet. Da gehören die "Sissi"-Filme natürlich dazu.
Warum sind die "Sissi"-Filme bis heute so beliebt?
Die Filme sind mit einem riesigen Aufwand gemacht worden. Deshalb finde ich es auch ungerecht, wenn die "Sissi"-Filme als Trash bezeichnet werden. Sie kamen genau zur richtigen Zeit und offensichtlich ist die Zeit noch nicht vorbei, sonst würden sie heute nicht noch immer im Fernsehen laufen. Die Filme sind Evergreens - wie ein alter Beatles Song.
Schaut man sich "Das Goldene Blatt" oder "Frau im Spiegel" an, gibt es immer noch eine Vorliebe für Monarchien. Woher kommt das?
Ich muss gestehen: Ich habe mich nie sonderlich für Monarchien interessiert. Aber ich glaube, die Leute sehnen sich nach Tratsch und der nährt sich aus der Boulevardpresse. Ob das wahr ist oder nicht, interessiert den Leser gar nicht. Und Monarchien sind heute eine Steilvorlage für Tratsch. Da geht es um die Sehnsucht nach einer heilen Märchenwelt und um einen gewissen Unterhaltungscharakter. Die Monarchie ist ein Teil des Entertainments geworden.
Warum haben Sie die "Lissi"-Folgen aus der "Bullyparade" zu einem Animationsfilm ausgebaut?
Wenn man darüber nachdenkt, was passiert, wenn ein Kerl in einem eineinhalbstündigen Kinofilm, der von Kitsch und Herzschmerz lebt, eine Frau spielt, kommt man spätestens nach fünf Minuten darauf, dass das nicht funktioniert. In einem Fernsehsketch ist das einfach. Da kratzt man das Thema ja nur an, ein paar Wortspielereien dazu und schon sind die zwei Minuten voll. In diesem Umfeld funktioniert das gut, weil es komischerweise immer wieder lustig ist, wenn ein Kerl in Frauenklamotten steigt. Aber ein Kinofilm hat eine andere Qualität verdient. Auf einer Filmelänge von neunzig Minuten, wird man irgendwann zwangsläufig unglaubwürdig.
John Travolta hat das gerade in "Hairspray" gemacht...
Aber der hatte in dem Film auch keine Liebesszenen. Genau da wird es nämlich grenzwertig. Das wäre eine Travestienummer geworden, die für dieses Thema nicht geeignet ist.
Die Vorstellung, dass "Bully" drei Jahre vor einem Rechner sitzt und einen Animationsfilm zusammenpixelt passt sogar nicht in das Bild, das man sich von einem Komödianten macht.
Das kommt natürlich darauf an, wie man sich selber sieht. Die Wahrnehmung meiner Person von Außen ist natürlich durch das Bild des Komödianten bestimmt. Ich mache ja auch viel Quatsch. Aber auf der anderen Seite produziere und inszeniere ich seit zehn Jahren TV-Shows und Filme. Das ist für mich ein ganz normaler Arbeitsprozess und ich habe da einen irrsinnigen Spaß dran. Ich liebe ja das Tüfteln und sitze auch wahnsinnig gern im Schneideraum. Achtzig Prozent meiner Arbeit findet hinter der Kamera statt.
Macht Ihnen die Arbeit hinter der Kamera mehr Spaß als vor der Kamera?
Wenn ich mir etwas ausdenke, merke ich schon, dass ich hibbelig werde. Ich will dann auch drehen. Ich spiele natürlich auch gerne mit. Aber das eher mein Hobby. Ich würde mich deshalb auch nie als Schauspieler bezeichnen. Dafür habe ich einen viel zu großen Respekt vor dem Beruf. Vor der Kamera - das mache ich einfach aus Gaudi. Aber das Filmemachen ist meine Leidenschaft.
Ist "Lissi" der letzte Film, der aus den Charakteren der "Bullyparade" hervorgegangen ist?
Wir haben vor zehn Jahren mit der "Bullyparade" angefangen, und "Lissi" ist auf jeden Fall der Abschlussfilm. Ich wüsste nicht, was ich da noch nachschieben wollte. Jetzt steht zwischen all den Trilogien in meiner DVD-Sammlung auch meine eigene. Da kann ich mein Leben lang drauf gucken.
Deutsche Regisseure werden zur Zeit reihenweise von Hollywood abgeworben. Haben die US-Agenten auch schon an Ihre Tür geklopft?
Die ersten Angebote kamen schon nach Der Schuh des Manitu . Aber wenn man einen erfolgreichen Film gedreht hat, ist es ein ganz normal, das man auch Drehbücher aus den USA zugeschickt bekommt. Der deutsche Film hat ja in den letzten Jahren mit zwei Oscars viel internationales Aufsehen erregt. Das finde ich toll. Aber in Deutschland genieße ich es, dass ich meinen Film genauso machen kann, wie ich es will.
In Amerika muss man bereit sein, als Angestellter zu arbeiten. Da haben die Produzenten der Studios das Sagen und man muss auch damit rechnen, dass einem das Baby wieder weggenommen wird. Da bin ich nicht so scharf drauf. Ich will nicht ausschließen, dass ich mal einen Film auf Englisch drehe, der auch ein internationales Publikum gewinnt. Aber mir brennt es nicht unter den Nägeln.

Interview: Martin Schwickert