INTERVIEW MIT GEORGE CLOONEY

IM KINO GEWEINT

Über Krieg, schlechte Filme und Steven Soderbergh


Sie haben in »Solaris« die Hauptrolle übernommen, Todd Haynes Film »Dem Himmel so fern« produziert und in »Confessions of a Dangerous Mind« sogar das erste Mal Regie geführt. Sind Sie ein Workaholic?
Clooney: In jeder Karriere öffnet sich irgendwann ein Fenster, in dem man seine Kreativität ausleben kann. Dann will man so viel wie möglich machen, weil dieser Zustand nicht ewig anhält. Im Moment sind Steven Soderbergh und ich zusammen wie ein 800-Pfund-Gorilla. Wir können Projekte in Gang bringen. Immerhin haben wir ein Studio wie die 20th Fox dazu gebracht, mit Solaris ein Arthouse-Film zu machen. Das war nicht einfach, das können Sie mir glauben.
In der US-Medien ging es allerdings weniger um die Kunst, als um Ihren nackten Hintern ...
Clooney: In der Szene ist wirklich nicht viel zu sehen. Da wird selbst im amerikanischen Fernsehen mehr nackte Haut gezeigt. Aber das Studio geriet in Panik, weil sie nicht wussten, wie sie diesen Film verkaufen sollten. Deshalb haben sie eine Story um die Nacktszene lanciert. Das hat nicht nur unsere Arbeit trivialisiert, sondern auch dem Film geschadet.
In »Solaris« haben Sie bereits das dritte Mal mit Steven Soderbergh zusammengearbeitet, mit dem Sie auch eine gemeinsame Produktionsfirma betreiben. Worin liegt Ihre Seelenverwandtschaft?
Clooney: Wir haben das gleiche ästhetische Verständnis und mögen besonders das Kino der 60er und 70er Jahre. Die Geschichten, die damals erzählt wurden, waren nicht so abgeschlossen, stellten Fragen, ohne sie zu beantworten und setzten mehr auf die Partizipation des Publikums. Wir wollen diese Ästhetik wieder in das heutige Mainstream-Kino einbringen.
Vor vier Jahren haben Sie in der Golfkriegsatire »Three Kings« mitgespielt. Die US-Regierung rüstet gerade für einen zweiten Golfkrieg. Glauben Sie ein Film wie »Three Kings«_ wäre heute noch möglich?
Clooney: Ich bin mir sicher, dass Three Kings heute nicht in die Kinos kommen würde. Ich bin auf diesen Film besonders stolz, denn er steht in der Tradition der großen Antikriegsfilme wie Dr. Seltsam , die den Krieg in Form einer Farce kritisieren. Unser Land fängt gerade einen Krieg an, in dem Menschen - Iraker und Amerikaner - sterben werden. Aber in den USA findet keine Debatte darüber statt, weil jeder, der nicht für den Krieg ist, als unpatriotisch denunziert wird.
Warum verweigern sich die US-Medien der Debatte?
Clooney: Wir sind an den Punkt gekommen, wo unabhängige Medien wie z.B. die Washington Post sich nicht mehr vorwagen, weil sie alle ein oder zwei Konzernen gehören. Selbst der Fernsehsender CBS, der in den 50ern fast im Alleingang das Ende der McCarthy-Ära einleitete und einen großen Einfluss auf die Beendigung des Vietnamkrieges hatte, traut sich nicht die Kriegspolitik zu hinterfragen.
Ihr nächstes Projekt ist die Fortsetzung von dem Kassenerfolg »Ocean's Eleven«.
Clooney: Eigentlich wollten wir davon kein Sequel machen. Aber da kam einer mit einem sehr guten Skript und wir haben Ocean's Twelve zusammen mit zwei anderen weniger kommerziellen Projekten auf unsere Warteliste gesetzt. Als dann Solaris an den amerikanischen Kinokassen floppte, hat Steven Soderbergh Ocean's Twelve vorgezogen. Denn wir sind uns bewusst, dass die Studios uns nicht ewig gewähren lassen und die Tür irgendwann einfach wieder zu ist.
Was kommt danach?
Clooney: Dann ziehe ich in mein Haus in Italien, genieße das Essen dort und werde so dick wie Marlon Brando.
Der kommerzielle Erfolg eines Filmes ist für Sie nicht wichtig?
Clooney: Ich möchte Filme machen, die über die erste Startwoche hinaus in Erinnerung bleiben. Out of Sight , Three Kings oder O Brother, Where Art Thou waren keine Kassenrenner. Aber diese Filme haben Bestand. Die kann ich mir auch noch in zehn Jahren anschauen. Ich habe eine Menge Filme gemacht, von denen man das nicht sagen kann.
Zum Beispiel?
Clooney: Ich bin einmal gefragt worden, ob ich im Kino weine, und ich sagte: "In der Premiere von Batman und Robin , da habe ich geweint". Das ist mit Sicherheit mein schlechtester Film. Außerdem habe ich im berühmtesten, schlechtesten Film aller Zeiten mitgespielt: Die Rückkehr der Killer-Tomaten . Aber der ist so schlecht, dass man ihn einfach lieben muss.

Interview: Martin Schwickert