CHRIS COOPER ÜBER »ENTTARNT«

Verrat und Pornos

Chris Cooper über die möglichen Beweggründe des Spions Robert Hansen


Die Kritik zum Film

"Enttarnt" hält sich bewusst zurück mit Erklärungen, warum Robert Hanssen zum Spion wurde.

Über Hanssens Psyche könnte man sicherlich eine Dissertation schreiben. Er ist ein sehr schwieriger Mensch. Während meiner Vorbereitungen habe ich viel von seinen Kollegen, Kommilitonen und Freunden über ihn erfahren. Die Beziehung zu seinem Vater war sehr schwierig. Sein Ego war stark beschädigt. Und als er angefangen hat, für den Kreml zu arbeiten, hat der KGB das sehr gut für sich zu nutzen gewusst. Sie haben ihm geschmeichelt und sein Ego gefüttert.

Ein Patriot, der zum Landesverräter wird, ein Katholik, der Privatpornos dreht - hatte Hanssen eine gespaltene Persönlichkeit?

Im Sinne einer klinischen Diagnose? Das weiß ich nicht. Hanssen war nach seiner Verhaftung unter Beobachtung und ist über dreißig Stunden von einem Psychiater untersucht worden. Der sagte aus, dass Hanssen tiefe psychologische Störungen hat und dass er mit der richtigen Therapie wahrscheinlich nie zum Landesverräter geworden wäre.

Hanssens Geschichte ist eigentlich ein Relikt aus dem Kalten Krieg. Was bedeutet dieser Fall in der heutigen politischen Landschaft?

In erster Linie ist der Film ein Stück Kinounterhaltung, aber wenn jemand dabei noch etwas lernt, kann das ja nicht schaden. In diesem Film geht es um Verletzbarkeit - um die Verletzbarkeit der nationalen Sicherheit. Als das FBI berechnet hat, wie viel Schaden Hanssen durch seine Spionagetätigkeit angerichtet hat, sind sie auf eine Summe von 28 Milliarden Dollar gekommen. Der Mann hat den Sowjets sogar den Ort verraten, an den sich der US-Präsident im Falle eines nuklearen Angriffs flüchtet. Und niemand außer dem FBI weiß, was er sonst noch alles verraten hat.

Hanssen sitzt heute noch im Gefängnis. Haben Sie während der Vorbereitung zum Film versucht, mit ihm Kontakt aufzunehmen?

Wir wussten von Anfang an, dass das nicht möglich sein würde. Die einzigen Leute, die ihn besuchen dürfen, sind seine Frau, die Kinder und seine Mutter. Das FBI hat Regisseur Billy Ray angeboten, Hanssen ein paar Fragen zu übermitteln. Aber er hat es abgelehnt irgendwelche Auskünfte zu geben.

Mit welchen Methoden gehen Sie an eine solche Rolle ran?

Als Schauspieler muss man herausfinden, welche Methode am besten zu einem passt. Das ist bei mir eine Mischung aus Recherche, eigener Lebenserfahrung und Vorstellungskraft. Mit einigen Teilen von Hanssens Persönlichkeit kann ich mich gut identifizieren. Da gibt es viele Parallelen: Ich hatte ebenfalls eine schwierige Beziehung zu meinem Vater, war als Kind sehr schüchtern und habe in meiner eigenen Welt gelebt. Das Leben war für mich alles andere als eine Party.

Glauben Sie, dass das FBI auch über Sie eine Akte führt?

Das wäre sicher in meinem Fall reine Zeitverschwendung. Aber ich habe Freunde und Kollegen im Filmgeschäft, die ihre politischen Ansichten wesentlich deutlicher nach außen tragen. Es würde mich nicht wundern, wenn das FBI eine Akte über sie führen würde.

Was haben Schauspieler und Spione gemeinsam?

Sie sind in einem Geschäft tätig, das eine sehr hohe Konzentration erfordert. Außerdem versuchen beide die Leute davon zu überzeugen, jemand zu sein, der sie nicht sind.

Interview: Martin Schwickert