JEFF DANIELS ÜBER »DER TINTENFISCH UND DER WAL«

KLEINE ZIELE

Über Tragikomödien, Schriftsteller und falsche Rollen



Die Kritik zum Film



Gestörte Familien stehen in den letzten Jahren hoch im Kurs bei amerikanischen Filmemachern.
Diese Familien sind nicht unbedingt repräsentativ für ein ganzes Land. Aber ich glaube auch nicht, dass die perfekte Familie existiert. Jede Familie hat ihre Dramen. Ihr enges Zusammenleben ist definiert durch Konflikte. Und das ist immer eine gute Basis für ein Drehbuch.
Bernard ist nicht gerade ein vorbildlicher Vater.
Ich habe mich dieser Rolle eher aus der Abgrenzung heraus angenähert. Ich musste einfach immer das Gegenteil machen, von dem, was ich selbst als Vater tun würde. Kinder wollen, dass man sich mit ihnen beschäftigt. Aber alles, was Bernard zu ihnen sagt, bezieht sich nur auf ihn selbst. Aber er kriegt das gar nicht mit. Er bleibt, wer er ist. Nur die Kinder verändern sich.
Sind Schriftsteller zum Egozentriker berufen?
Autoren sind oft von sich selbst eingenommen. Ich weiß, wovon ich rede. Ich schreibe selbst Theaterstücke und musste lernen, diese Selbstbezogenheit, die das Schreiben mit sich bringt, im Büro zu lassen. Bei Bernard ist es anders. Wenn er nicht über seinen Roman redet, denkt er unentwegt daran. Und er erwartet von anderen, dass sie auch nur über seinen Roman reden wollen. Wenn man mit Schriftstellern zusammensitzt, erlebt man es nie, dass einer sagt: Erzähle mir etwas von deiner Story. Sie wollen nichts von deiner Geschichte hören. Sie wollen ihre eigene erzählen.
Wie schafft es ein Mann wie Bernard, sich selbst so wenig zu hinterfragen?
Er sieht sich als Opfer. Man muss Bernard zugute halten, dass er sein Bestes versucht. Er denkt, dass er immer alles richtig macht. Aber das ist ein tragischer Irrtum. Er denkt, er ist brillant und wartet nur darauf, dass der Rest der Welt das auch begreift.
Darin liegt die Tragikomik.
Ja, und das Schwierige an einer Tragikomödie ist, dass man nie daran denken darf, dass eine Szene komisch sein könnte. Für Bernard ist das alles sehr ernst.
Sie haben in beiden Sparten gearbeitet. Was liegt Ihnen mehr: das Drama oder die Komödie?
Ich habe sehr viele Komödien gemacht. Dabei geht es nicht nur darum, die Pointen richtig zu bringen. Es geht auch um Blicke, Timing und Präzision. Bei einer Komödie ist das Ziel, das man treffen muss, kleiner.
Sind Komödien wie »Dumm und dümmer« schädlich für eine Hollywood-Karriere?
Als ich mich entschlossen habe, mit Frau und Kindern nach Michigan zu ziehen, war das eine Entscheidung für die Familie und gegen die Karriere. Und dann lebt man im Mittleren Westen, macht einen Film wie Dumm und Dümmer, und schon bekommt man bestimmte Rollen nicht mehr angeboten. Wenn man nicht in Hollywood lebt, hat man keine Chance, auf die A-Liste gesetzt werden. Aber das ist OK. Ich bereue nichts, solange mich Leute wie Noah Baumbach immer noch unter Vertrag nehmen.

Interview: Martin Schwickert