INTERVIEW MIT ROLAND EMMERICH


ICH WAR IMMER POLITISCH

Nach Godzilla hat Roland Emmerich New York schon wieder zerstört. Und diesmal ist alles ernst gemeint.



Bush hat sich geweigert die Klimakonvention zu unterschreiben. Ist The Day After Tomorrow ein Angriff gegen Bushs politische Ignoranz?
Bush bestreitet, dass es eine durch Menschen verursachte globale Erwärmung überhaupt gibt. Die ganze Welt denkt anders. Aber er findet immer wieder Wissenschaftler, die seine Meinung untermauern und meistens von der Ölwirtschaft finanziert werden. Ich hoffe, dass bei der nächsten Wahl die Amerikaner vernünftig genug sind und Kerry wählen. Bush hat es einfach übertrieben. Der Mann hat alle Leute angelogen. Der Mann muss weg!
Sind solche Statements für eine große Hollywood-Produktion nicht geschäftsschädigend?
Ich lasse mir von niemand den Mund verbieten. Die Studios kennen meine Meinung.
Sie gelten als der König des Katastrophenfilms ...
Hollywood will einen immer in die Schublade stecken. Das habe ich bei diesem Film ausgenutzt und einen Katastrophenfilm gemacht, der sehr viel politischer und subversiver ist als normale Studioproduktionen. Ein Drehbuch wie dieses wäre nie in einem Studio entstanden. Ich habe das Skript erst als es fertig war den Studios angeboten. Wir haben ihnen nicht viel Zeit gelassen. Das war wie ein Auktion und sie mussten mit dem Vertrag auch das Drehbuch genehmigen. Die Studios wollten einen Katastrophenfilm und haben erst später herausgefunden, auf was sie sich da eingelassen haben.
Woher kommt die Begeisterung des Publikums für Katastrophenfilme?
Die Angst vor Zerstörung und Naturgewalten liegt tief in uns drin. Es ist ja gerade einmal zehntausend Jahre her, da haben wir noch in Höhlen gelebt und waren den Unbilden der Natur und des Wetters direkt ausgeliefert.
In Independence Day haben Sie den amerikanischen Patriotismus beschworen. Jetzt geht es um die globale Gemeinschaft.
Ich war immer politisch. Wenn Sie sich meine Filme genau anschauen, finden Sie darin eine Menge subversiver Elemente. Sogar in Independence Day gibt es ein paar Szenen, die die amerikanische Kultur kritisch beleuchten. Godzilla war für mich ebenfalls ein sehr subversiver Film, aber die Leute haben es nicht gesehen. Das hat mich schon sehr genervt.
Ein Film über die Klimakatastrophe kann eigentlich kein Happy End haben, aber irgendwie haben Sie es doch geschafft.
Am Ende gesteht der US-Vizepräsident seine Fehler ein. Das ist meine eigene Wunschfantasie. Wenn Sie darin ein Happy End sehen, soll es mir recht sein. Viele Leute im Studio wollten ein richtiges Happy End, in dem Sinne, dass irgendeiner dann doch noch eine Technologie erfindet, die die Katastrophe aufhält. Ich war aber dagegen. So ein Schluss hätte jeden dazu ermuntert, die Umwelt weiter zu verschmutzen.
Obwohl Sie in Ihren Filmen oft die großen amerikanischen Themen behandeln, haben Sie einmal gesagt, dass Sie sich nicht vorstellen können, selbst Amerikaner zu werden?
Amerika war sehr gut zu mir. Ich konnte hier die Filme machen, die ich immer machen wollte. Ich liebe viele Sachen an Amerika, aber ich hasse auch eine ganze Menge. Es ist ein kompliziertes Verhältnis, aber ich komme langsam besser damit zurecht.
Was werden Sie als nächstes zerstören?
Gar nichts. Mit Zerstörungen bin ich fertig - merken Sie sich meine Worte! Ich denke, es ist an der Zeit, dass ich meine Karriere in andere Richtungen lenke.

Interview: Martin Schwickert