JODIE FOSTER ÜBER »FLIGHT PLAN« UND IHR RIEFENSTAHL-PROJEKT

IN DER KRISE


Der Film zum Interview

Wie stark muss man sich als Hauptdarstellerin in einem Thriller mit seinen eigenen Ängsten auseinandersetzen?

Die Beschäftigung mit den eigenen Ängsten steht auf jeden Fall am Anfang, besonders wenn man gerne Dramen spielt. In Flight Plan geht es für mich um eine sehr elementare Angst. Alle Eltern kennen die Situation, dass man sich auf dem Rummel umdreht und sein Kind nicht mehr findet. Sei es nur für ein paar Sekunden. Das ist eine Erfahrung, die sich mit nichts anderem vergleichen lässt. Das Herz bleibt einem stehen. Es ist ein Gefühl, als würde man aus dem Fenster fallen. Diese emotionale Qualität hat mich an dem Film gereizt.

»Flight Plan« spielt fast komplett in einem Flugzeug. Da spielen nach dem 9/11 noch ganz andere Ängste eine Rolle...

Heute kann man keinen Film über den Flugverkehr machen, ohne über das Lebensgefühl nach dem 9/11 zu sprechen. Ich mag die Stelle im Film, in der meine Figur einen arabischen Passagier für das Verschwinden ihrer Tochter verantwortlich macht. Auch wenn wir uns alle ungeheuer international fühlen und man von einem Flughafen in die ganze Welt fliegen kann - wenn eine ernsthafte Krise heraufkommt, fällt diese ganze Scheinheiligkeit in sich zusammen. Es gibt eine grundlegende Bigotterie, die in uns allen steckt, denn wir wollen immer Andere für die Krise verantwortlich machen. Oft sind das Menschen mit dunkler Hautfarbe oder, wie in diesem Fall, jeder arabische Passagier.

Wie schon in »Panic Room« spielen sie auch in Flightplan eine Frau, die allein für ihr Kind verantwortlich ist...

Unsere Gesellschaft hat sich verändert. In Amerika leben weniger als 30% der Kinder in traditionellen Familienkonstellation. Die meisten Amerikaner wachsen bei ihrer Mutter, bei den Großeltern, in Homo-Familien oder bei Adoptiveltern auf. Das traditionelle Modell entspricht einfach nicht mehr der Wirklichkeit.

Sie sind seit etwa 30 Jahren im Geschäft. Wie hat sich die Arbeitssituation für Frauen in Hollywood in dieser Zeit gewandelt?

Vieles hat sich in Hollywood zum besseren verändert. Der Bereich, in dem sich am wenigsten geändert hat, ist das Regiefach. Es gibt in Hollywood fast keine Möglichkeiten, für Regisseurinnen Arbeit zu finden.

Sie bereiten seit einiger Zeit ein Filmprojekt zu Leni Riefenstahl vor. Glauben Sie, Leni Riefenstahl hat Sie missverstanden, als sie gesagt hat, dass Jodie Foster ihren Namen reinwaschen wird?

Ich weiß nicht, was sie damit gemeint hat. Sie ist eine sehr eigenwillige ältere Dame gewesen. Ich fühlte mich geschmeichelt, als sie die Idee, dass ich sie spielen werde, unterstützt hat. Aber ihr war auch klar, dass wir sie nicht in das Filmprojekt involvieren wollten.

Wie erarbeitet man sich eine solch kontroverse Figur?

Das ist eine schwere Aufgabe. Leni Riefenstahl ist eine vielschichtige und sehr widersprüchliche Persönlichkeit, die zu keinerlei Selbsterkenntnis fähig war. Sie konnte nicht in sich selbst hineinsehen und ihre eigene Psyche und Motivationen analysieren. Der Film wird sicherlich sehr kontrovers und ich bin mir sicher, dass ich mir Feinde auf allen Seiten machen werde.

Interview: Martin Schwickert