STEPHEN FREARS ÜBER »THE QUEEN«

Die stabile Monarchin

Stephen Frears über den blasierten Premier Tony Blair und seinen neuen Respekt vor der Queen


Die Kritik zum Film




Mr. Frears, wie gut kennen Sie die Queen?
Ich habe sie noch nie persönlich getroffen. Aber sie ist seit 60 Jahren ein Teil meines Leben. Der Film ist im Grunde nur eine Vermutung, die sich auf eine lebenslange Präsenz der Figur in der Öffentlichkeit beruft. Wir wissen sehr viel über die Königsfamilie, aber eigentlich wissen wir wiederum gar nichts.
Ist das Königshaus für Sie mehr als ein Anachronismus?
Die Königsfamilie wird 24 Stunden am Tag ausgelacht. Im Fernsehen sind die Royals eines der Lieblingsthemen der Comedians. Normalerweise werden sie als lächerlich dargestellt. Das Ungewöhnliche an unserem Film ist, dass wir sie als Menschen ernst nehmen.
An einer Stelle im Film sagt die Queen zu Tony Blair: "Wenn sich einer mit dem Befinden des britischen Volkes auskennt, dann bin das ja wohl ich..."
Das ist nicht nur ironisch gemeint. Da ist schon ein Körnchen Wahrheit dran. Normalerweise weiß die Queen sehr gut über den Zustand des britischen Volkes Bescheid. Wir haben einen Film gemacht über jenen Moment, in dem sie dieses Selbstvertrauen als Monarchin verloren hat.
... und über den frisch gewählten Tony Blair, der vor politischem Selbstvertrauen nur so strotzt.
Als Blair an die Macht kam, haben wir alle große Hoffnungen gehabt, vor allem weil wir durch ihn endlich den Thatcherismus los wurden. Aber er hat sich als ein äußerst armseliger Premier und Betrüger herausgestellt. Der Irakkrieg ist da nur ein Beispiel von vielen.
Der Film beschreibt den Konflikt zwischen der Königin und dem Modernisierer Blair. Wer hat diesen Konflikt gewonnen?
Die politischen Verhältnisse sind zu kompliziert, als dass man die Frage so eindeutig beantworten könnte. Aber verglichen mit Blair ist die Queen eine beeindruckende Persönlichkeit. Sie ist prinzipientreu, stabil und ehrlich. Wenn ich zwischen den beiden wählen müsste, würde ich mich für die Queen entscheiden. Aber wenn man das tut, entscheidet man sich eben auch für den ganzen höfischen Unsinn. Entscheidet man sich hingegen für die modernere Figur, bekommt man einen selbstgefälligen Autokraten wie Blair.
Sie sind durch den Film zum bekennenden Monarchisten geworden?
Nicht ganz, aber die Arbeit am Film hat mir meine eigenen Vorurteile gegenüber den Royals bewusst gemacht.
Gab es irgendwelche Reaktionen auf Ihren Film aus dem Buckingham Palace oder der Downing Street?
Ob die Queen den Film gesehen hat, weiß ich nicht. Ich habe nur gehört, dass Blair ihn sehr amüsant fand.

Interview: Martin Schwickert