CAROLINE LINK

Kann Kunst Heilen?

Regisseurin Caroline Link über »Im Winter ein Jahr« und warum der Film nicht in den USA gedreht werden konnte

Der Film war ursprünglich als US-Projekt geplant. Wie ist daraus eine deutsche Produktion geworden?

Wie schon das vorherige, ist auch dieses Projekt in den USA an den Schauspielerverhandlungen gescheitert. Den Geldgebern war es bei diesem Stoff ganz wichtig, dass die Figur des Malers von einem Top-Star gespielt wird. Die haben dort tatsächlich solche Ranglisten mit Schauspielern der Kategorien Eins bis Drei. Wir haben ein paar Leute angefragt. Es gab auch ein sehr positives Feedback und einige Treffen, aber unterschrieben hat letztendlich keiner. Da reden immer sehr viele Leute mit: das Management, die Agentur, die Investment-Leute, bei denen man anfragen muss, ob dieser oder jener Schauspieler "bankable" ist - das ist ein unglaublich zäher Prozess, bei dem es oft gar nicht zu einem direkten Kontakt mit den Schauspielern kommt. Das hat mir dann einfach zu lange gedauert und irgendwann habe ich gesagt: Jetzt mache ich es in Deutschland. Ich will endlich wieder einen Film drehen.

Standen Sie nach dem Oscar für "Nirgendwo in Afrika" unter besonderem Erfolgsdruck?

Baby und Oscar im gleichen Jahr bekommen - das war schon ein komischer Zustand. Eigentlich hatte ich ja geplant, zwei Jahre mit meiner Tochter zu Hause zu bleiben. Aber ich wollte mir natürlich auch nicht die Chance entgehen lassen, nun einen großen internationalen Film zu drehen. Der Druck, die Gunst der Stunde nutzen zu müssen, hat mich wahnsinnig gestresst.

Sie haben einmal gesagt, dass Sie allergisch auf Druck reagieren.

Ich mag es einfach nicht, wenn mir andere sagen, was ich tun soll. Damit hätte ich in Amerika sicher ein Problem. Deshalb genieße ich in Deutschland auch die Freiheit, dass ich hier einigermaßen machen kann, was ich will.

Wohlhabende Familien kommen im Kino oft nicht gut weg. Macht Geld also doch unglücklich?

Ach, Schmarren! Suizidgefährdete Kinder gibt es bestimmt in allen Gesellschaftsschichten. Das hat nichts mit Privilegien zu tun. Der Roman spielt nun einmal in dieser Welt. Aber ich hätte bei mir auch immer das Gefühl, wenn ich eine solche Geschichte im Arbeitermilieu ansiedeln würde, müsste ich eine soziale Kompetenz vorheucheln, die ich einfach nicht habe.

Ihr Film geht auch der Frage nach, ob Kunst heilen kann.

Es ist ein ungeheures Privileg, eine künstlerische Arbeit zu machen, in die man sich persönlich einbringen kann. So wie der Maler im Bild nach der richtigen Konstellation sucht, so suche ich am Drehort nach dem, was ich erzählen möchte, setze mich mit den Figuren auseinander, bringe etwas zum Ausdruck, das mir vielleicht bis dahin noch gar nicht bewusst war. Das gibt einem schon wahnsinnig viel Kraft. Es ist ein Geschenk, wenn man so einen Beruf hat.

Interview: Martin Schwickert