DAVID LYNCH ÜBER »INLAND EMPIRE« UND »TWIN PEAKS«

»Hollywood existiert nicht«

David Lynchs »Twin Peaks« veränderte damals nicht nur die Sehgewohnheiten im TV. Anlässlich der vollständigen DVD-Ausgabe und seines neuen Films »Inland Empire« sprach Martin Schwickert mit dem Regisseur


Die DVD-Box zu »Twin Peaks«

Mr. Lynch, welche Rolle spielen Träume bei der Entwicklung Ihrer Filme?
Ich bekomme fast gar keine Ideen aus meinen eigenen Träumen. Aber ich mag das Gefühl und die Logik des Traums. Träume sind Dinge, die man weiß, die aber zu schwierig sind, um sie einem Freund zu erzählen. Aber mit den Mitteln des Kinos kann man das Gefühl des Traums herstellen.
Wie entsteht ein David-Lynch-Film?
Man fängt eine Idee wie einen Fisch. Man kann die Idee von einem Stuhl haben, malt sich im Kopf den Stuhl genau aus und geht dann in die Werkstatt, um den Stuhl nach diesen Vorstellungen zu bauen. Ich habe an einem Tag viele Ideen. Aber nur in manche verliebe ich mich dann auch. Dabei geht es zum einen um die Idee und zum anderen darum, wie das Kino von dieser Idee erzählen kann. Aus der Vielzahl solcher Ideen formt sich dann langsam eine Geschichte. Ein Film entsteht wie ein Mosaik. Am Anfang sind es nur Einzelteile, die zueinander finden. Die Bedeutung, die Botschaft, das Thema ergibt sich oft erst später.
Sie haben gerade ein Buch über transzendentale Meditation herausgebracht. Hat das Ihre Art auf die Welt zu blicken verändert?
Transzendentale Meditation ist eine mentale Technik, keine Religion, kein Kult, kein Hokuspokus. Einfach eine uralte Form der Meditation. Ich liebe es so sehr, dass ich in 35 Jahren nicht eine Meditation ausgelassen habe. Man hat ein Mantra und lernt es zu benutzen, um tiefer in sich selbst einzutauchen, Verbindungen zu unentdeckten Feldern in einem selbst herzustellen. Man taucht immer eine Ebene tiefer ein und spürt plötzlich - boom - ein grenzenloses, ewiges Bewusstsein. Das ist eine einmalige, wunderschöne Erfahrung. Wenn man diesen tiefen Bewusstseinzustand erreicht hat, geht es einem in allen Lebensbereichen besser. Negativität, Hass, Wut, Depression, all die Dinge, die unseren Fluss der Ideen behindern, beginnen zu verschwinden. Man erlebt eine enorme Freiheit und kann mit seinen Ideen davon schwimmen.
Wollen Sie dieses Gefühl auch in Ihrem Film vermitteln?
Nein. Der Film ist der Film. Meine Filme reflektieren die Welt. Es geht nicht darum, eine Botschaft zu verbreiten.
Sie haben Ihre künstlerische Laufbahn als Maler begonnen.
Ich wollte nie Filmemacher werden. Ich war auch nie ein Kinofan. Seit ich 14 war, wollte ich Maler werden, bis ich eines Tages an der Pennsylvania University of Fine Arts ein Gemälde von einem Garten bei Nacht malte, auf das Bild schaute, einen Wind spürte und sah wie sich das Bild bewegte. Das fand ich interessant: ein sich bewegendes Gemälde. Daran habe ich weiter gearbeitet.
Was bedeutet Hollywood für Sie?
Hollywood existiert nicht. Es gibt kein wahres Hollywood. Hollywood lebt nur von einer Sekunde auf die andere. Aber es existiert ein Traum von Hollywood, der auf dem Goldenen Zeitalter der Studios basiert. Das Starsystem, der Glamour, die Intrigen, die verschiedenen Persönlichkeiten ergeben dieses magische Ding, das wiederum mehr und mehr Leute nach Hollywood bringt, die davon etwas abgreifen wollen.