Alexander Payne über »Sideways«

Der Film-Fan

Trotz des großen Erfolges von »About Schmidt« sind Sie mit »Sideways« dem amerikanischen Independent-Kino treu geblieben.
Eine klassische Hollywood-Karriere interessiert mich überhaupt nicht. Wenn ich Erfolg im amerikanischen Studio-System habe, versuche ich diese Macht dazu zu benutzen, mehr kreative Freiheit zu bekommen. Ich will kein Teil des Systems werden und immer unpersönlichere Filme machen. Denn eigentlich bin ich ja nur ein Film-Fan, der es geschafft hat Regisseur zu werden, und nun versucht, in den USA so etwas wie eine europäische Filmemacher-Karriere aufzubauen.
Was verstehen Sie darunter?
Seine eigenen Drehbücher schreiben, Geschichten über Menschen und die Suche nach einer neuen, besseren Filmsprache.
Wie viele ihrer Filme beruht auch »Sideways« auf einem Roman. Findet man in der Literatur bessere Filmstoffe als auf dem Drehbuchmarkt?
Das Drehbuch ist eine beschränkte Form. Man ist gefangen in einer linearen Geschichte auf 120 Seiten. In Romanen kann man soviel Zeit mit einer Figur verbringen wie man möchte und lernt ihre ganze Welt kennen. Deshalb sind diese Geschichten für mich oft inspirierender.
Ihre Filme überzeugen durch die menschliche Genauigkeit, mit der die Figuren beschrieben werden.
Meine wichtigste Aufgabe als Regisseur ist es, die Kreativität der anderen zu fördern. Trotz und wegen der harten Arbeit, die das Filmemachen darstellt, lege ich großen Wert auf eine entspannte Atmosphäre am Set. Alle sollen sich frei fühlen, besonders die Schauspieler. Sie brauchen das Gefühl, dass es keine Fehler gibt, dass alles, was sie tun, eine eigene Schönheit besitzt.
Ähnlich wie »About Schmidt« beschreibt auch »Sideways« männliche Lebenskrisen...
Das ist Zufall. Und wenn es kein Zufall ist, weiß ich nicht, warum es keiner ist. Aber Krisen im allgemeinen sind der Stoff des Dramas.
...und der Komödie. Wie würden Sie den speziellen Humor Ihrer Filme beschreiben?
Wenn wir mit schmerzhaften Teilen unseres Lebens umgehen - und ich meine jetzt nicht im Sinne von Sarajevo oder Ruanda, sondern unser alltägliches Scheitern und die Diskrepanz zwischen dem, was wir uns erträumen und dem, was wir sind - dann ist Humor die richtige Überlebenstechnik, um Distanz zu herzustellen. Garcia Marquez hat gesagt, wenn die Leute anfangen über einen Diktator zu lachen, sind seine Tage gezählt. Humor verändert die Perspektive mit der wir auf das Leben blicken.

Interview: Martin Schwickert