INTERVIEW MIT RALF KÖNIG

PORNOS UND GITTERBETTEN

Ralf König über seine neue Comic-Verfilmung »Wie die Karnickel«

Ralf König machte durch seine schwulen Comics die Homo-Szene für Heteros transparent. Nach den Verfilmungen von »Der bewegte Mann« und »Das Kondom des Grauens« wollte er nie wieder einen Film machen. Dann überredete ihn die Achterbahn-Gruppe, ein Drehbuch zu schreiben: »Wie die Karnickel« kommt am 12. September ins Kino und ist bereits seit einiger Zeit als Comic erhältlich.
Du hast den Dreh von »Wie die Karnickel« in München begleitet. Was war Deine Funktion?
König:
Ich habe mich eingemischt. Bis auf einen Komparsen-Dompteur waren alle hetero am Set. Ich wurde oft gefragt, wie ich mir das und das vorstelle. Zum Beispiel ein schwules Schlafzimmer. Ich habe dann gesagt: Stellt doch ein Stahlgitterbett rein - hat man ja gerne wegen Handschellen und so - und hängt ein paar Bilder von nackten Männern an die Wand. Das wurde auch gemacht. Aber es lag dann baby-blaue Bettwäsche im Bett! Das musste natürlich sofort geändert werden.
Musstest du schwulen Sex erklären?
König:
Nein, aber viele Kleinigkeiten. Einmal wurde eine Partyszene gedreht und ich wurde ernsthaft gefragt, wie Homosexuelle ihr Bier trinken: aus Pappbechern oder aus Gläsern? Das Team war manchmal sehr unsicher, aber echt total süß. Ich bin auch nicht jeden Tag hingefahren. Da zu sitzen und darauf zu warten, bis irgendetwas nicht stimmt, ist ja superlangweilig.
Es war Dir auch wichtig, auf das Casting Einfluss zu nehmen. Wie ist das verlaufen?
König:
Für manche Figuren war es sehr einfach, aber bei dem Möbelpacker bin ich schier verzweifelt. Ich wollte so ein richtiges Tier haben, aber die Frau vom Casting-Büro brachte mir ständig Fotos von Leuten, die nur schön waren. Bis ich ihr dann sagte, dass sie mir Fressen bringen soll - Leute, die Gangster spielen. Dann gab es zwar Leute, die äußerlich passten, die das aber nicht spielen wollten. Ich verstehe gar nicht, wie man als Schauspieler eine Rolle ablehnen kann.
War ihnen die Rolle zu schwul?
König:
Die fanden die Figur einfach zu doof. Das ist ja ein Dummkopf, dieser Möbelpacker. Aber ich finde, Moritz Bleibtreu ist doch das einzig Sehenswerte in Knockin on Heavens Door , wie er da einen blöden Typen spielt. Am Ende wurde es Alfonso Loza aus Marienhof , der nicht mein Wunschkandidat war. Aber ich muss sagen, er hat seine Rolle gut gemeistert.
Willst du auch einmal auf dem Regiestuhl Platz nehmen?
König:
Oh Gott, nein, was man da für Nerven lässt. Für eine kurze Szene mal fünfeinhalb Stunden arbeiten! Bis man den Schauspielern erklärt hat, worum es gehen soll. Zu meiner Überraschung bringen sie wenig Gefühl für die Rolle mit. Die machen das oft so dramatisch. Das ist wahrscheinlich die deutsche Seuche.
Soll die Geschichte eine Lanze für Pornographie brechen?
König:
Was? Nee. Ich finde, dass Heteros im Umgang mit Pornos oft sehr verkrampft sind. Ich gucke sehr gerne Pornos. In meinem Regal im Wohnzimmer stehen Pornos. Das finden Heteros sehr befremdlich. Ich glaube, wenn Hetero-Männer von Frauen Besuch kriegen, würden sie nicht zugeben, dass sie Pornos gucken. Schwule sind da lockerer.
Welche Filme haben dir in letzter Zeit gut gefallen?
König:
In die Knie gegangen bin ich bei Die Klavierspielerin . Den fand ich nur genial. Übel wurde mir neulich bei Episode II . Ich fall da immer wieder darauf hinein. Zwei Stunden Effektegucken ist ja ganz nett, aber wenn so gar keine Story da ist, nur Scheiss-Dialoge und null Spannung - das ist mir wirklich zu langweilig.
Ist »Wie die Karnickel« ein schwuler Film geworden?
König:
Es geht in dieser Geschichte um Heteros, ein bisschen Der bewegte Mann aus anderer Perspektive. Der Schwule spielt nur die zweite Hauptrolle, trotzdem ist der Film schwuler als Der bewegte Mann , weil er die schwule Sichtweise auf Heteros erzählt. Für Schwule in meinen Comics sind Heteros manchmal wie unerreichbare Götter, und hier ist es mal einer, der mit überhaupt nichts klar kommt.

Interview: Ulf Lippitz