INTERVIEW MIT IBEN HJELJE


Schneewittchen und die 3 Mechaniker

Über das dänische Kino seit Dogma und den Film Skagerrak



Sie haben in Hollywood und in Europa gearbeitet. Was ist der auffälligste Unterschied zwischen einem amerikanischen und einem dänischen Filmset?
Die Größe der Filmcrew. Als ich zu den Dreharbeiten von High Fidelity in die USA kam, hatte ich in Dänemark gerade einen DOGMA-Film gemacht. Regie, Kamera, Ton, Maske und Schauspieler - das waren alles in allem gerade einmal zwanzig Leute. Die "kleine, intime Crew" - wie die US-Kollegen es nannten - bestand aus 150 Leuten. Auch die Hierarchie ist anders strukturiert. In Dänemark hat der Regisseur das letzte Wort. In Amerika haben die Produzenten einen viel größeren Einfluss.
Wo arbeiten Sie lieber?
Abgesehen von der Sprache ist die Arbeit als Schauspielerin die gleiche. Die Gagen sind in den USA natürlich deutlich höher. In skandinavischen Produktionen kann ich mit den Geschichten mehr anfangen.
Wie kam es zu dem kreativen Aufschwung des dänischen Kinos?
Die dänische Filmindustrie krepelte über Jahrzehnte vor sich hin. Die jungen Filmemacher dachten darüber nach, welche Geschichten sie selbst erzählen können, anstatt sich immer wieder am amerikanischen oder französischen Kino zu orientieren. Die ganze DOGMA-Idee wurde ja nur von vier Regisseuren in Gang gesetzt. Sie haben beschlossen, den ganzen technischen Firlefanz wegzulassen und die Stories nicht im Weltraum oder im 18. Jahrhundert anzusiedeln, sondern im Hier und Jetzt. Das war weitaus radikaler, als sie sich das vorgestellt hatten.
Warum sind Familiengeschichten im dänischen Kino so wichtig?
Dänemark hat eine Scheidungsrate von sechzig Prozent. Da liegt das Thema in der Luft.
Ist Skagerrak eher als Filmmärchen zu verstehen?
Als ich das erste Mal mit dem Regisseur geredet habe, dachte ich, dass das ganze Konzept des Films auf einen langweiligen Sozialrealismus hinausläuft. Aber er sagte: Nein, es soll wie Schneewittchen und die drei Mechaniker aussehen. Skagerrak ist ein sehr dunkles, modernes Märchen.
Redet heute in Dänemark noch jemand über DOGMA?
Es wird nicht mehr so oft darüber geredet. Aber die Leute im Filmgeschäft wissen genau, dass das dänische Kino nur durch DOGMA dort steht, wo es heute ist. Die meisten Schauspieler, Regisseure und Drehbuchautoren schulden dieser Bewegung großen Respekt.

Interview: Martin Schwickert