AUSTIN POWERS


Pillermann 0,07

Mike Myers pudert Jimmy Bond mit der Penis-Pumpe

Damit man gleich weiß, was für ein Film das ist, sieht man Mike Myers erstmal nicht. Sondern nur die Angora-Muschi auf seinem Arm. Und hört von gräßlichen Welteroberungsplänen und Mordanschlägen auf den tollen Typen vom Geheimdienst. Schnitt.
Dann hüpft Mike Myers als eben der in gestreiften Hosen durch Swinging London, Bobbies schlagen begeistert Rad, every girl in town kreischt ... und für fünf Minuten haben wir ein quietsch-bunt-vergnügtes Zerr-Bild der Epoche, die es so nichtmal in Hair gegeben hat. Auftritt der Attentäter, Kampfeinsatz eines Emma Peel-Feel-Alikes, Abtritt des Oberschurken per Cryo-Box mit Düsenantrieb Richtung Zukunft. Schnitt. Zeitsprung.
Der Anfang war rasant, das Ende fängt nach einer Viertelstunde schon an - und an zu langweilen. Weil der Erzbösewicht in unserer Gegenwart wiederauftaut, wird der Erzgutbold ebenfalls vom Eis geholt, in das er sich vor dreissig Jahren, plötzlich feind- und arbeitslos, zum Dienst am kommenden Vaterland legte. Jetzt ist er wieder da - und muß erstmal aufs Klo. Mit einem mehrere Liter langen Pinkel-Witz, der zwar perfekt gebaut ist, aber doch den eigentlich angezielten Kultur-Schlock-Humor unangenehm verwässert.
Scherze mit Geschlechtsteilen gibt es dann noch häufiger, und wenn sie mal gut waren, werden sie später nochmal wiederholt. Das ist ein Prinzip von Myers Komik: ein Kalauer tut evtl. weh, zweimal derselbe könnte fast Kunst sein. Ob Myers deshalb die dritte Wiederholung penetrant wegläßt, weil er sehr genau (seine eigene Band steuerte einen Fake-Beat zum Soundtrack bei) den Musiker-Talk kennt, nach dem einmal Verspielen ein Fehler, dreimal aber Jazz ist?
Egal: beim besten Witz lacht jedenfalls keiner. Beide Male nicht. Die Schlacht zwischen Austin Powers, dem swingenden Zeitreise-Agenten (sein schlimmster Schock: heute kann man mit schlechten Zähnen kein Sex-Symbol mehr sein), und Doktor Evil, dem desorientierten Agenten der Raffgier (sein schlimmster Schock: für 1 Millionen Dollar Lösegeld geht sein Steuerberater nicht mal ans Telefon) tobt. Und immer, wenn eine Nebenfigur dabei drauf geht, legt Drehbuchautor Myers eine Pause ein, um schmalzig ein paar Witwen zu schütteln. Das ist genial - und der Untergang der Handlung.
Von der erzählen wir denn auch nichts mehr. Oder von der Penis-Pumpe, die sogar dreimal vorkommt. Mike M. besiegt eh Mike M., kriegt die Zähne gerichtet und das gute Mädchen ins Bett (noch'n Kalauer? Die üble Schlampe heißt Alotta Fagina. Hoho. Auch nicht frauenfeindlicher als die originale Octo-Pussy). Und M. Myers, der kultivierte Anspielungs-Künstler, unterliegt M. Myers, dem sackkratzenden Alberer. Wegen eines Gedankens nur nehmen wir ihm sein aufgeklebtes Brusthaartoupet nicht allzu krumm: die Welt, die er rettet, ist genau die, gegen die er damals antanzte (keine freie Liebe, keine Drogen, nur noch Aktiengewinne und Kondome). Aber weil er den platt aussprechen muß, statt ihn zur Szene zu machen, gehört Austin Powers ins Klo des Persiflage-Kinos. Oder als Nachtröpfeln an eine Wiederaufführung von Casino Royal und Tiger Lilly. Bei beiden war Woody Allen jünger als Mike Myers heute ist. Ach.

WING

Austin Powers 2