ECHT BLOND - DAS INTERVIEW


GELDSORGEN

Der Independent-Regisseur Tom DiCillo wurde auf dem Münchner Filmfest von Nikolaj Nikitin auf seinen neuen Film Echt blond und die Independent-Szene angesprochen

Gibt es so etwas wie ein besonderes Bindeglied in deinen Filmen?
Tom DiCillo: Ja, ich glaube einige Themen sind sich ähnlich. "Echt blond" nimmt die Idee von "Living in Oblivion" und geht damit viel weiter. Er spielt am Set einer Soap-Opera, eines Musikvideos und eines Modeshootings. Es tut mir leid, aber die beste Aufnahme entsteht, wenn ein Model furzt. Ich wünschte, die Modeindustrie würde sich selber mit ein bißchen mehr Humor nehmen. "Echt blond" handelt aber auch von Menschen, die darum kämpfen rauszufinden, wer sie sind.
Der Unterschied ist, daß Du jetzt mit Stars arbeitest.
Tom DiCillo: Ja, obwohl Brad Pitt eigentlich auch schon ein Star war und auch John Turturro. Diesmal war es jedoch der Produzent, der die Stars haben wollte, um den Film besser zu verkaufen. Ich sagte erst nein, stellt dann aber fest, daß es einen Weg gibt, an gute Schauspieler ranzukommen und trotzdem die Namen zu haben, die den Produzenten befriedigen würden. Hauptsächlich machte ich es jedoch wegen der tollen Schauspieler. Ich habe noch nie Christopher Lloyd in einer derartigen Rolle gesehen und nie von Daryl Hannah erwartet, daß sie derart "wickedly delightful" sein kann.
Erzähl von dem Gefühl, etwas mit einem bestimmten Rhythmus geschrieben, es dann inszeniert und schließlich geschnitten zu haben?
Tom DiCillo: Wenn es "smoothly" läuft, ist alles gut. Du weißt nicht genau, wieso es funktioniert, es klappt einfach. Zum Beispiel die ersten Szenen mit Christopher Lloyd, ich lag am Boden und mit mir das gesamte Team. Ich habe daran nichts verändert, es war ein Schauspieler, zu dem ich so gut wie nichts gesagt habe. Nur daß ich wollte, er sollte wie eine Mischung aus Salvador Dali und einem preußischen Militäroffizier spielen. Der Rest war er. Andere Szenen funktionierten nicht so reibungslos. Wir stoppten und fragten uns, was falsch dran ist. So mußte ich manche Szenen umschreiben oder mit den Schauspielern härter arbeiten. Oft haben sie versucht, zu lustig zu sein. Das passierte in einigen der Soap-Opera-Sequenzen. Als ich den Dialogen von Maxwell Caulfield und Daryl Hannah zuschaute, wußte ich, es sollte komisch sein, war es aber irgendwie nicht. Ich habe dann verstanden, daß sie zu hart arbeiten. Wenn du dir eine Soap-Opera anschaust ist der Ausdruck für "Ich liebe Dich Joe" genau derselbe wie für "Mein Vater ist eben gestorben Joe". Ich sehe diesen Film aber auch in gewisser Art wie ein Musikstück mit verschiedenen Themen. Wir haben z. B. diese ältere Afroamerikanerin mit ihrem Hund. Jedesmal wenn wir bei ihr sind, ist es dieser lange Ton auf dem Cello. Das Cello hat einen wunderbaren Sound, es ist schon fast ein menschlicher Ton.
Siehst Du Deine Wurzeln in der Screwball-Komödie?
Tom DiCillo: Ich sehe mich als seltsame Unbalanciertheit zwischen Kafka und den Marx Brothers.
Du bist eine Leitfigur der US-Independent-Szene, die sich in der letzten Zeit so unglaublich verändert hat.
Tom DiCillo: Unglücklicherweise hat sich mit dem Erfolg des Indie-Films alles geändert. Tarantino hat aus dem Independence-Regisseur einen Rockstar gemacht. Das Publikum behandelt ihn jetzt wie seinerzeit Elvis Presley. Verleiher wie Miramax sehen, daß sie 200 Millionen mit Filmen wie Pulp Fiction verdienen können. Sie wollen weiter solche Filme produzieren. Nun stehen auch die Indies unter demselben Druck der Hollywoodstreifen.

Der Film zum Interview