SPIDERMAN


Held in Gummi

Sam Raimis gelungene Comic-Verfilmung


Das Interview zum Film

Wer bin ich? Mit dieser existentiellen Frage beginnt Spiderman - nur um sie gleich humoristisch aufzufangen: Sind Sie sicher, dass Sie das wissen wollen? Und bevor man noch ein Ich weiß nicht! denken kann, erzählt die Stimme aus dem Off, worum es bei der Adaption einer populären Comic-Reihe noch so geht. Nämlich um das Mädchen von nebenan, the girl next door. Liebe, also. Auch sehr existenziell.
Da wir uns aber in einem amerikanischen Blockbuster mit einem Budget um die 130 Millionen Dollar befinden und nicht in einem Wettbewerbsfilm für Cannes, löst sich die Frage nach dem Sein rasch in einem knallbunten Set auf. Oder um genau zu sein: in einem rot-blauen Gymnastikanzug, mit dem Symbol der Spinne auf der Brust. Der junge Mann, der sich gerade mit den Problemen der Pubertät und der Existenz beschäftigt, wird am Ende kraftvoll bestätigen: Ich bin Spiderman.
Bis dahin legt Spiderman alias Peter Parker (Tobey Maguire) einen Weg der Reifung zurück. Der bebrillte College-Student gilt als totaler Außenseiter, als Streber, als einer, der bei Schulausflügen die Fotos für das Jahrbuch knipst. Bei einem dieser Ausflüge in ein Forschungslabor passiert das Unglaubliche: Peter wird von einer mutierten Spinne gebissen. Über Nacht entwickelt der bei Tante und Onkel aufgewachsene Teenager jene Fähigkeiten, von denen Peter im Labor gehört hat: Er kann unglaubliche Distanzen springen, Wände senkrecht hochkrabbeln und Netze wie Drahtseile spinnen.
Seine Mission findet Parker, als sein Onkel bei einem Überfall ums Leben kommt. Fortan bekämpft Spiderman das Böse, wo immer es auftritt. Das findet ein zum Roboter-Fiesling gewandelter Professor überhaupt nicht gut. Norman Osborne (Willem Dafoe) will irgendwie die Welt beherrschen, und da stört ein Klettermaxe wie Spiderman. Eine prekäre Situation für Peter: Im nicht mutierten Leben ist Osborne der Vater von Parkers bestem Freund Harry (James Franco). Um die Suppe noch ein wenig zu würzen: Genau dieser Harry ist gerade mit Peters großer Liebe Mary Jane (Kirsten Dunst), jenem Mädchen von nebenan, liiert. Terror, Freundschaft, Liebe da geht es noch mal um das Eingemachte.
Regisseur Sam Raimi hat ein altes Thema mit flotter Hand inszeniert. Der Splatter-Kult-Regisseur (Armee der Finsternis) weiß, dass die hübschen Effekte nicht mehr zum Staunen animieren wie noch vor zehn Jahren. Deshalb gibt er seinen Figuren Zeit, sich zu entfalten und glaubhafte Stereotype zu werden. Der erste Teil des Filmes ist dadurch fast action-frei, schwankt zwischen Teen-Komödie und Familien-Drama.
Echte, weil nicht so teure Darsteller kompensieren die enormen Kosten für die Special Effects und füllen das Charakter-Arsenal gut aus. Tobey Maguire könnte sogar ein neuer Teen-Star werden. Apropos Kosten: Die amortisierten sich bereits nach der ersten Woche.
In den USA stellte Spiderman einen neuen Rekord auf: Innerhalb von drei Tagen erspielte er 114 Millionen Dollar.

Ulf Lippitz
USA 2002, R: Sam Raimi B: David Koepp K: Don Burgess D: Tobey Maguire, Willem Dafoe, Kirsten Dunst, James Franco