Marion Cotillard über »Der Geschmack von Rost und Knochen«

PARIS UND HOLLYWOOD

Marion Cotillard über ihre Karriere und ihre Rolle in »Der Geschmack von Rost und Knochen«


Der Film zum Interview

In »Der Geschmack von Rost und Knochen« spielen Sie eine Frau, die aus ihrem Leben herausgerissen wird, als sie bei einem Arbeitsunfall beide Beine verliert. Was hat Sie an dieser Rolle gereizt?

Als ich das Skript gelesen hatte, habe ich alles daran gesetzt, diesen Film in meinem Terminkalender unterzubringen. Ich war wie besessen von diesem Projekt. Ich habe mich vollkommen in diese Figur verliebt. Steéphanie ist die geheimnisvollste Figur, die mir je in einem Drehbuch begegnet ist. Normalerweise habe ich, wenn ich ein Skript durchgelesen habe, eine ungefähre Vorstellung von der Figur. Aber hier hatte ich keine Idee, wer diese Frau eigentlich ist. Das habe ich auch dem Regisseur Jacques Audiard bei unserem ersten Treffen gesagt, obwohl ich Angst hatte, dass er ausflippt. Aber zu meiner Überraschung hat er nur gesagt "Das weiß ich auch nicht, aber das werden wir gemeinsam herausfinden".

Der Film lässt offen, warum sich Stéphanie nach ihrem Unfall an Ali wendet, den sie ja kaum kennt. Was erhofft sie sich von Ali?

Stéphanie fühlt sich nach ihrem Unfall wie eine leere Hülle und vielleicht ahnt sie, dass Ali sie als Mensch und nicht als Opfer wahrnehmen wird. Ali sieht Stéphanie zwar nicht unbedingt als Frau. Das muss sie ihm erst beibringen. Er ist auch nicht der Typ, der sich Sorgen um sie macht. Aber die Art, wie er sie anschaut, lässt sie wieder lebendig werden.

Der Film führt - wie viele andere französische Produktionen - Menschen über soziale Unterschiede hinweg zusammen. Wie hoch sind die sozialen Barrieren in Frankreich?

Sehr hoch und ich wünschte die Erfahrungen, von denen diese Filme erzählen, ließen sich auf das echte Leben übertragen. Denn unsere Gesellschaft braucht diesen Dialog über die sozialen Grenzen hinweg heute mehr denn je.

Wie tarieren Sie Ihre Projekte zwischen Frankreich und den USA aus?

Ich habe das Glück in zwei Ländern arbeiten zu können, in denen das Kino einen hohen Stellenwert in der Kultur hat. Aber ich habe keinen Karriereplan. Ich gehe in die Richtung, in die ich mich hingezogen fühle. Mir geht es darum, in meinem Beruf möglichst viele unterschiedliche Erfahrungen zu machen. Ob dies im französischen oder im amerikanischen Kino geschieht, ist dabei von zweitrangiger Bedeutung.

Interview: Martin Schwickert