ELI ROTH ÜBER »HOSTEL«

Splat Pack

Über jene dunklen Orte, die ein Horrorfilm unbedingt ausleuchten sollte


Die Kritik zum Film



Quentin Tarantino hat Sie als die Zukunft des Horrorfilms bezeichnet.
Das ist natürlich ein sehr großes Kompliment, aber es jagt mir auch Angst ein. Ich sehe mich nicht als die Zukunft von irgend etwas. Es gibt lediglich eine Gruppe von Regisseuren wie mich und Alexandre Aja, (The Hills Have Eyes), James Wan und Darren Bousman (Saw II) und Neil Marshall (The Descent). Wir alle versuchen, möglichst blutige Filme zu machen. Ein britischer Journalist hat uns als das Splat-Pack bezeichnet. Das fand ich sehr witzig.
Gab es nach »Cabin Fever« Angebote von den Hollywood-Studios?
Nach Cabin Fever hat man mir viele Filme angeboten, aber als ich die Drehbücher las, wollte ich mir die Pulsadern aufschneiden, so schlecht waren sie. Ich habe mich dann mit den Studios getroffen und gesagt: Okay, das könnte ein anständiger Film werden, aber die Figur sollte vielleicht ein paar Kinder töten oder dies oder das... und sie sagten sofort: Nein, das kannst du nicht machen. Sie haben all diese Regeln was man tun darf oder lassen muss. Ist es nicht der Sinn von Horrorfilmen an diesen dunklen Ort zu gehen und an die Dinge zu denken, an die man nicht denken möchte? Tarantino mochte an mir, dass ich einen Film außerhalb des Studiosystems machen wollte. Als ich ihm von Hostel erzählte, meinte er: "Das ist die krankeste Idee, von der ich jemals gehört habe. Du musst den Film machen, und zwar sofort." Ich dachte mir dann, wenn selbst Quentin die Idee verstörend findet, muss ich auf der richtigen Spur sein. Ich habe ihn dann gefragt, ob er wirklich denkt, dass jemand das sehen will und er meinte nur: Du darfst nicht an das erste Wochenende denken. Denk an das Wochenende in 30 Jahren. Wir schauen uns immer noch die Filme von Fulci oder Dario Agento an.
Die Idee zu »Cabin Fever« kam Ihnen, weil Sie sich eine Hautkrankheit eingefangen hatten. Gab es eine ähnliche Inspiration für "Hostel"?
Ja, ich foltere gerne Leute zu Tode (lacht) ... Es war eine Kombination von Dingen. Als ich 17 oder 18 war, bin ich mit dem Rucksack durch Frankreich gereist. Mein Produzent ist durch ganz Europa gereist und meinte, dass die Welt der Hostels sich für einen Film eignen würde. Und dann sah ich diese Webseite, wo man bezahlt, um Leute umzubringen. Ich war mir nicht sicher, ob sie echt ist, aber dann habe ich mir gedacht: was solls. Jemand ist auf die Idee gekommen. Das könnte es also wirklich geben.
So eine Webseite gibt es wirklich?
Ja. Harry Knowles von der Webseite "Aint it cool News" hat sie mir gezeigt. Aber um weiter zu kommen, hätte ich meine Kreditkartendaten eingeben müssen. Ich dachte mir: "Wenn das ein Betrug ist, haben sie meine Kreditkartennummer. Wenn es kein Betrug ist und die wirklich Leute töten, haben sie meine Kreditkartennummer. Und sie wissen, wo ich wohne." Da kann man nur verlieren. Aber man muss sich nur die Geschichte der Menschheit anschauen, um zu sehen, dass so etwas passieren könnte. Überall in Europa gibt es Foltermuseen. Im Irak werden Leute gefoltert - und die Folterer machen Fotos davon. Da steckt keine militärische Strategie dahinter, die machen das aus Spaß.
Im Film kann man einen Westeuropäer schon für 5000 Dollar foltern; Amerikaner kosten aber 25000. Wieso die Preisdifferenz?
Ich dachte mir, dass der Preis von der geografischen Lage abhängig sein müsste. Wenn Du in der Slowakei bist und du willst einen Osteuropäer töten, musst Du dir wahrscheinlich nur jemanden aus der Strasse aussuchen. Westeuropäer findet man sicherlich auch viele. Aber Amerikaner sieht man sicherlich seltener. Das japanische Mädchen im Film ist so selten, dass sie ein Einhorn sein könnte. Sie kostet natürlich am meisten. Ich mochte außerdem die Idee, dass die Jungs im Film sich am Anfang des Films über die Prostituierten lustig machen. Sie können sie kaufen wie ein Ticket für eine Achterbahnfahrt. Es gefiel mir, dass sie letzten Endes selbst zu den Prostituierten im Fenster werden. Das dein Leben einen Preis haben kann, ist ein angsteinflößendes Konzept, besonders für Amerikaner.
Wollen Sie mit Ihren Filmen nur unterhalten?
Ich will keine Filme wie Crash machen, die hauptsächlich belehren. Ich mag Horrorfilme wie Dawn of the Dead oder Kettensägenmassaker, die man sich aus Spaß ansehen kann. Und dann liest man Filmkritiken über Tobe Hoopers Dekonstruktion der amerikanischen Familie. Und dann sieht man den Film noch einmal und es stimmt. Und dann fragt man Tobe Hooper persönlich und er erzählt dir, das sein Film auf der damaligen Angst vor der Manson-Familie basiert. Ich will den Leuten nicht sagen, dass sie meinen Film sehen müssen, um eine Message zu finden oder zu merken, dass ich George Bush hasse. Aber es ist alles da drin, wenn man es sehen will.

Interview: Karsten Kastelan